Nach dem zu weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehaltenen Gründungsparteitag des BSW-Landeverbandes werden Forderungen nach personellen Konsequenzen für Justizstaatssekretär Friedrich Straetmanns lauter. Der 63-Jährige war am Samstag in Parchim an die Spitze des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Mecklenburg-Vorpommern gewählt worden, will aber sein Spitzenamt im Justizressort behalten, das von der Linken-Politikerin Jacqueline Bernhardt geführt wird. Straetmanns hatte bei Amtsantritt Ende 2021 der Linken angehört, trat dann aber im Herbst zum BSW über, für das er bei der vorgezogenen Bundestagswahl in MV als Spitzenkandidat antritt.
Opposition sieht Glaubwürdigkeit der Landesregierung geschmälert
„Das BSW sitzt nun als Oppositionskraft mit am Koalitionstisch von Rot-Rot in Schwerin. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus“, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Daniel Peters. Mit der Weigerung, den abtrünnigen Staatssekretär zu entlassen, setze Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die Glaubwürdigkeit der von ihr geführten Regierung weiter aufs Spiel. „Das spricht nicht für eine solide Politik.“
AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer nannte die Personalkonstellation im Justizressort problematisch. „Man kann nicht Spitzenkandidat einer selbst ernannten Opposition sein und andererseits fette Staatsknete kassieren“, erklärte Kramer an die Adresse von Straetmanns gerichtet. „Wenn er Schneid hätte, würde er seinen Posten verlassen.“
Auch Linke fordert Amtsverzicht
Als unanständig bezeichnete Torsten Koplin von der Linksfraktion das Verhalten seines früheren Parteikollegen. „Er sollte seinen Posten quittieren“, betonte Koplin unter Hinweis auf die direkte parteipolitische Konkurrenz. Zum BSW gebe es für seine Partei keine Anknüpfungspunkte. Das BSW war vor knapp einem Jahr von ehemaligen Linke-Politikern um Sahra Wagenknecht gegründet worden und steht insbesondere wegen seiner russlandfreundlichen Haltung im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg in der Kritik.
SPD-Fraktionschef Julian Barlen verteidigte das Agieren der SPD-geführten Landesregierung. „Die Justizministerin hat eine souveräne und gute Entscheidung getroffen. Herr Straetmanns trägt keine politische Verantwortung“, erklärte Barlen. Die Ministerin, nicht ihr Staatssekretär, sei Teil der Regierung.
Ministerin gab Straetmanns Aufgaben zurück
Bernhardt hatte Straetmanns nach Bekanntwerden seines Parteiwechsels Anfang September zunächst von seinen Aufgaben entbunden und mit ungeordneten Dingen beschäftigt. Seine Bezüge behielt er, dem Vernehmen nach rund 12.000 Euro monatlich. Wegen eines drohenden Rechtsstreits betraute sie ihn zum 1. Dezember wieder mit seinen Aufgaben als Amtschef, machte zugleich aber klar, dass sie sich von ihm politisch nicht vertreten lasse.
Bisher hat Straetmanns alle Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand könnte für das Land teuer werden. Laut Staatskanzlei stünden Straetmanns dann für die ersten Monate seine normalen Bezüge, danach ein Übergangsgeld und danach ein individuelles Ruhegehalt zu.
Streatmanns nun in vierter Partei
Straetmanns ist ein alter Bekannter von Parteigründerin Sahra Wagenknecht. Bevor er 2021 seinen Job in Schwerin antrat, saß der aus Bielefeld stammende Politiker für die Linke im Bundestag, verpasste aber den Wiedereinzug in das Parlament. Er und Wagenknecht waren Fraktionskollegen. Der Jurist war zuvor lange Jahre Mitglied in der SPD, später in der WASG und nach deren Verschmelzung 2007 mit der PDS bis August 2023 in der Partei Die Linke.
