Dienstag, 26.November 2024 | 06:57

Borussia-Boss zerlegt sein Team: „Geisteskranke“ Saarbrücker sorgen für Pokal-Novum

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Kai Brünker riss die Arme nach oben, rannte seinen Teamkollegen völlig entfesselt und berauscht vom großen Glück entgegen – und verschwand wenig später inmitten der jubelnden Spielertraube. Nach dem Coup des 1. FC Saarbrücken gegen Borussia Mönchengladbach kannte der Jubel im Saarbrücker Ludwigsparkstadion kein Halten mehr. Und auch beim 29 Jahre alten Stürmer, der mit seinem späten Siegtor zum Pokalhelden avancierte und den Drittligisten ins Halbfinale des DFB-Pokals schoss, brachen im Anschluss alle Dämme.

Erstmals in der Pokal-Geschichte steht nun nur ein Bundesligist im Halbfinale. Bayer Leverkusen trifft am 3. April auf den Zweitligisten Fortuna Düsseldorf, tags zuvor erwartet Drittligist Saarbrücken in der Vorschlussrunde den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern. Das Finale findet am 25. Mai in Berlin statt.

„Geisteskrank. Wir sind eine Pokal-Mannschaft. War das ein Kampf. Wir sind nur dem Ball hinterhergerannt. Das ist Wahnsinn. Ich bin so stolz auf jeden Einzelnen“, sagte der erschöpfte Brünker nach dem 2:1 (1:1) am Dienstagabend. Er selbst weist im Wettbewerb nun eine unglaubliche Bilanz auf. Vier Mal schoss in dieser Saison im Pokal aufs Tor, dreimal traf er. „Wir haben Bayern, Frankfurt und Gladbach rausgehauen und stehen im Halbfinale, und ich sag mal, mit einem Bein auch in Berlin. Wir haben nur noch eine Hürde zu überspringen. Das ist der Wahnsinn.“

Brünker, dem die englischen Fans während seiner Zeit als Spieler für den Drittligisten Bradford City in der Saison 2018/19 wegen seiner hünenhaften Statur den Spitznamen „Panzer“ verpassten, schoss die Saarländer mit seinem Treffer in der dritten Minute der Nachspielzeit ins Halbfinale. Den Moment vor dem Siegtor fasste er hinterher so zusammen: Er habe die letzten Kräfte mobilisiert auf dem Weg nach vorn und immer daran geglaubt, dass der Pass von Fabio Di Michele Sanchez auch so ankomme. „In dem Moment des Schusses wusste ich auf jeden Fall, dass ich mich nochmal konzentrieren muss. Ich weiß nicht, ob wir 120 Minuten geschafft hätten. Die Gladbacher haben den Ball laufen lassen und trotz der Platzverhältnisse super Fußball gespielt.“

Dass Saarbrücken am Ende den entscheidenden Nadelstich gegen bitter enttäuschte Gladbacher setzen konnte, begeisterte auch Trainer Rüdiger Ziehl. „Es ist ein Wunder, aber auch ein bisschen Qualität. Insbesondere, wenn man am Ende nochmal so zuschlagen kann“, betonte Ziehl, der nach einer „ganz, ganz wilden ersten Hälfte“ froh war, gegen dominierende Gladbacher nicht mit einem Rückstand in die Pause gegangen zu sein.

„In der zweiten Halbzeit lautete die Ansage dann, zu null zu spielen. Wir haben keine klare Torchance zugelassen, bekamen aber selbst auch keine Entlastung und mussten in der Abwehr viel leiden“, sagte der Coach, der zugab, dass die Chance auf das 2:1 sich nicht abgezeichnet hatte. „Dass wir den entscheidenden Konter mit Fabio fahren und daneben noch drei Spieler mitlaufen in der Nachspielzeit, ist unglaublich. Kai war stehend K.o., wie sauber er dann den Ball trifft, ist unfassbar.“ Nach dem Abpfiff verwandelten die knapp 16.000 Zuschauer das Ludwigsparkstadion in ein Tollhaus. Ziehl schwärmte: „Unsere unbeschreibliche Reise geht weiter.“

Derweil ging Borussias Sportchef Roland Virkus mit seinem Team hart ins Gericht. „Ich habe für die Leistung der Mannschaft in der zweiten Halbzeit überhaupt kein Verständnis“, sagte der 57-Jährige. „Ich bin total enttäuscht und kann die Art und Weise des Ausscheidens nicht verstehen.“ Man könne der Mannschaft nicht vorwerfen, dass sie nicht gearbeitet habe, „aber wir waren in der zweiten Hälfte hoch überlegen, haben Saarbrücken am eigenen Strafraum festgenagelt, aber wir hatten eben auch keine Tormöglichkeit. Dann muss man als Team so viel Gefühl haben, das Spiel in die Verlängerung zu bringen, um sich neu zu ordnen. Das haben wir nicht hinbekommen. So was ist dann irgendwann eine Frage der Qualität“, bemängelte Virkus.

Der späte Knockout stieß Virkus auch deshalb bitter auf, weil die Gladbacher leichtfertig eine Titel-Chance verspielten. „Ich stamme selbst aus Gladbach und weiß, was es bedeutet für die Fans und den Klub, deswegen enttäuscht mich das Ausscheiden umso mehr. Es tut mir für jeden Fan leid, der hier zum zweiten Mal angereist ist und erwartet hat, dass wir ins Halbfinale einziehen. Sie sind verständlicherweise enttäuscht“, sagte Virkus. Die Fans hatten die Mannschaft nach der Blamage vor den eigenen Block zitiert. Dort durften sich die Spieler eine emotionale Standpauke der aufgebrachten Anhänger anhören.

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