Aus Protest gegen die vorgesehene Streichung von Steuervergünstigungen durch die Ampel-Koalition wollen Landwirte an diesem Montag in Berlin mobil machen. Unter dem Motto „Zu viel ist zu viel“ ist eine Kundgebung am späten Vormittag am Brandenburger Tor geplant. Als Redner erwartet wird auch Bundesagrarminister Cem Özdemir von den Grünen.
Der Deutsche Bauernverband verlangt von der Regierung eine Rücknahme der Pläne, Regelungen zum Agrardiesel und zur KFZ-Steuerbefreiung für Einsparungen im Bundeshaushalt abzuschaffen. Aus Protest sollen nach Verbandsangaben auch zahlreiche Traktoren in die Hauptstadt rollen. Zu der Demonstration hat der Bauernverband bundesweit auch über seine Landesbauernverbände aufgerufen. Bauernpräsident Joachim Rukwied und weitere Branchenvertreter wollen bei der Kundgebung Unmut über die Pläne deutlich machen.
„Wir Bauern werden am Montag ein erstes deutliches Signal an die Ampelkoalition senden“, sagte Rukwied. Die Vorschläge zum Agrardiesel und zur KFZ-Steuer müssten komplett zurückgenommen werden. „Wenn nicht, wird es ab Januar massiven Widerstand geben. Wir werden uns das nicht gefallen lassen“, betonte der Bauernpräsident. Nach Verbandsangaben würden der Landwirtschaft fast eine Milliarde Euro entzogen.
Bisher können sich Höfe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Zudem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der KFZ-Steuer befreit. Die Regierung hat die Pläne mit dem Abbau klimaschädlicher Subventionen begründet.
Bundesagrarminister Özdemir warnt indes vor einer Überforderung der Landwirte. Er kritisierte in der ARD die Kombination bei den Sparplänen aus Agrardiesel und KFZ-Steuerbefreiung. Andere Länder in der EU hätten Agrardieselsubvention, sagte Özdemir. „Das führt dazu, dass sich die Wettbewerbsbedingungen für deutsche Landwirte verschlechtern und das quasi auf einen Schlag.“
Beim Agrardiesel gebe es keine Alternativen für Bauern. „Wir reden über schwere Maschinen, die kann man nicht einfach auf Elektro umrüsten.“ Die Landwirte dürften nicht überfordert werden, sagte Özdemir. Er habe Bundesfinanzminister Christian Lindner alternative Sparvorschläge gemacht. Lindner, der die Pläne in der vergangenen Woche mitbeschlossen hatte, signalisierte inzwischen Gesprächsbereitschaft. „Ich bin für Alternativen offen“, sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Samstag.
Anders sieht es die Umweltorganisation Greenpeace. Der Wegfall der Subvention bei Agrardiesel sei angesichts rekordverdächtiger Agrar- und Lebensmittelpreise und vieler weiterer Agrarsubventionen verschmerzbar. „Bei allem Verständnis für die Bauern und Bäuerinnen – Agrardiesel staatlich zu verbilligen ist teuer, klimaschädlich und gehört abgeschafft“, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. Anders als vom Bauernverband behauptet, werde das Ende der Dieselsubventionen kein massives Höfesterben zur Folge haben.
Die Ertragslage der Landwirtschaft hatte sich nach Branchenangaben zuletzt verbessert. Im Ende Juni abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 stieg der durchschnittliche Gewinn der Betriebe auf das Rekordniveau von 115.400 Euro – ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Angesichts sinkender Preise bei Getreide, Ölsaaten und Milch hatte der Bauernverband sich aber bereits vor Bekanntwerden der Ampel-Pläne pessimistisch zu den weiteren Geschäftsaussichten geäußert.
Eine Großdemonstration mit Tausenden Bauern aus ganz Deutschland und einer langen Traktoren-Kolonne hatte es auch Ende 2019 vor dem Brandenburger Tor gegeben. Damals forderten Bauern mit bundesweiten Aktionen mehr Mitsprache bei Neuregelungen zum Umwelt- und Tierschutz und mehr Wertschätzung für ihre Branche.