Mittwoch, 27.November 2024 | 14:02

Baby aus drittem Stock geworfen: Haft für Mutter

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Am Ende flossen die Tränen bei der jungen Frau, die ihr Baby auf grausame Weise getötet hat. Weil sie ihr Neugeborenes nach der Geburt aus dem Fenster im dritten Stock warf, wurde die 26-Jährige vom Landgericht Schwerin am Freitag wegen Totschlags zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Ihr ehemaliger Lebensgefährte, der als Nebenkläger auftrat, wischte sich schon während der halbstündigen Urteilsbegründung immer wieder mit einem Taschentuch die Augen.

Die Tragödie am Abend des 27. Oktober 2022 war dem Vorsitzenden Richter zufolge das furchtbare Ende eines über Monate gewobenen Gespinstes aus Lügen und Manipulationen der Angeklagten. Niemand sollte etwas von der Schwangerschaft und der Geburt erfahren. Dass jemand das tote Kind vor dem Haus finden und die Polizei ermitteln würde – so weit habe sie offenbar nicht gedacht, so der Richter.

Die in Brandenburg geborene und später mit ihren Eltern nach Schwerin umgezogene Deutsche hatte nach Darstellung des Richters erst versucht, das Baby die Toilette hinunterzuspülen. Im Prozess sagte sie demnach, sie habe es für Stuhlgang gehalten – „das ist aber nicht glaubhaft“, so der Richter. Als das Wegspülen nicht gelungen sei, habe sie das Badfenster geöffnet und das kleine Mädchen hinausgeworfen, um sicherzustellen, dass es stirbt. Ihr seien ihre Arbeit als Altenpflegehelferin und ihre Unabhängigkeit wichtiger gewesen.

Das Kind lebte laut Gutachten der Rechtsmedizin nach der Geburt mehrere Minuten bis eine halbe Stunde, wie der Vorsitzende Richter weiter sagte. Die Öffentlichkeit war noch vor der Verlesung der Anklageschrift von der Verhandlung ausgeschlossen worden. Erst zur Urteilsverkündung wurde sie wieder zugelassen.

Der Richter sprach von einer Persönlichkeitsstörung der Frau – das habe es ihr wohl auch nicht ermöglicht, ein Geständnis abzulegen. Er wünschte ihr für die Zukunft die Kraft, sich das Geschehene einzugestehen.

Sie habe ihr Umfeld oft belogen und manipuliert, auch ihren Lebensgefährten, sagte der Richter. So habe die Angeklagte die Schwangerschaft, deren Anzeichen sie sehr wohl wahrgenommen habe, verleugnet und ihre Gewichtszunahme mit der Einnahme von Medikamenten begründet. Vor der Schwangerschaft habe sie 49 bis 51 Kilogramm gewogen, am Ende etwa 10 Kilogramm mehr.

Arbeitskolleginnen berichteten demnach im Prozess als Zeugen, die junge Frau sei für sie undurchschaubar gewesen, ein Buch mit sieben Siegeln. Die mehrstündigen Wehen am Abend des 27. Oktober 2022 stellte die Angeklagte laut dem Gericht ihrem Lebensgefährten in der gemeinsamen Wohnung als Magenkrämpfe dar und lehnte es vehement ab, dass er einen Notarzt ruft. Das Blut im Badezimmer nach der Geburt, für die sie sich eingeschlossen hatte, erklärte sie ihm so, dass ihre Regel plötzlich und ungewöhnlich stark eingetreten sei.

Der Vorsitzende Richter sagte, die junge Mutter habe sich zwar durch die Geburt in einer Ausnahmesituation befunden, sie sei aber nicht erheblich vermindert steuerungsfähig gewesen. Auch eine Affekthandlung schloss er aus. Mit seinem Urteil blieb das Gericht drei Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Der Verteidiger der Angeklagten kündigte noch im Gerichtssaal an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Seine Mandantin habe aus seiner Sicht eindeutig im Affekt gehandelt, sagte der Anwalt nach der Verhandlung der Deutschen Presse-Agentur.

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