Angesichts der gestiegenen Zahl von Fällen häuslicher Gewalt vor allem gegen Frauen muss das Hilfesystem in Mecklenburg-Vorpommern ausgebaut werden. Darüber ist sich die Landespolitik weitgehend einig. Wie das geschehen und vor allem wer es bezahlen soll – darüber gehen die Meinungen auseinander. An diesem Mittwoch wird das Thema im Landtag aufgerufen, gleich fünf Fraktionen haben Anträge dazu vorgelegt.
Klar ist bereits: Das bisher zur Verfügung stehende Geld für Frauenhäuser und Beratungsstellen – 2,9 Millionen Euro in diesem Jahr – reicht bei weitem nicht aus. Das neue Gewalthilfegesetz des Bundes sieht ab 2032 einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus vor.
Wer soll zahlen – Berlin oder MV?
Die Regierungsfraktionen SPD und Linke sehen vorrangig Berlin in der Bezahl-Pflicht. Mit seiner im Gesetz festgelegten finanziellen Beteiligung am Ausbau der Beratungs- und Hilfesysteme der Länder werde der Bund seiner Verantwortung nur zum Teil gerecht, schreiben die Koalitionäre in ihrem Antrag. Die rot-rote Landesregierung wird aufgefordert, sich für eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Regelfinanzierung einzusetzen.
Nur auf Berlin zu verweisen, reiche nicht aus, entgegnet die Grünen-Fraktionsvorsitzende Constanze Oehlrich. Auch könne nicht bis 2032 gewartet werden – bereits jetzt fehlten massiv Frauenhaus-Plätze in MV. „Im Jahr 2022 mussten in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 300 schutzsuchende Frauen abgewiesen werden, weil kein Platz war“, kritisierte sie. Die Zahl der Plätze müsse verdoppelt werden. Die FDP-Politikerin Barbara Becker-Hornickel forderte die Landesregierung auf, sich mit Kommunen, Landkreisen und Trägern zusammensetzen, um eine tragfähige Lösung zu finden.
Auch die AfD hat einen Antrag zum Thema vorgelegt. Frauenhäuser seien ein unverzichtbarer Bestandteil des Schutzes vor häuslicher Gewalt, heißt es im Papier der Oppositionsfraktion. Der Platzmangel mache deutlich, dass die bestehenden Maßnahmen nicht ausreichten. Es sei notwendig, die Ursachen der Überlastung besser zu verstehen, insbesondere den möglichen Einfluss von Migration.
Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen
In Deutschland fehlen nach Angaben der Bundesregierung über 13.000 Frauenhausplätze. Die 7.786 Plätze in Schutzeinrichtungen seien nach der sogenannten Istanbul-Konvention zu wenig, wird eingeräumt. Die Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats zur umfassenden Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Dazu gehören Opferschutz, Prävention und Strafverfolgung sowie die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen und Rechtssystemen. In Deutschland trat die Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft.
In Mecklenburg-Vorpommern suchten 2023 fast 6.000 Erwachsene Schutz und Beratung, wie der Verein Stark Machen mitteilte. Demnach ging es dabei teils auch um Menschenhandel oder Zwangsprostitution. 2022 seien es rund 5.410 und 2021 rund 4.550 gewesen. Tendenziell steige die Anzahl Betroffener.