In Deutschland sterben derzeit wieder viele Amseln aufgrund des von Stechmücken übertragenen Usutu-Virus. Rund 25 Prozent der in diesem Jahr sezierten und getesteten Vögel seien mit dem Virus infiziert gewesen, teilte das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM) mit.
Seit Jahresbeginn seien mehr als 120 tote Tiere an das Hamburger Institut geschickt worden, darunter Amseln, Drosseln und Falken. 2023 gab es im gesamten Jahr lediglich 100 Einsendungen.
Auch dem Naturschutzbund NABU sind seit Jahresbeginn mehr als doppelt so viele kranke oder tote Vögel gemeldet worden wie im Vergleichszeitraum 2023. So gab es über die Meldeseite des Bundesverbandes nabu.de bislang 1.536 Hinweise auf 1.806 tote und 1.060 kranke Amseln und andere Vögel.
Die Meldungen kämen aus dem gesamten Bundesgebiet, Schwerpunkt sei jedoch Niedersachsen. Dort wurden fast 800 tote und gut 400 kranke Amseln gemeldet. Das waren laut NABU in der ersten Jahreshälfte sechsmal mehr Meldungen als im Vergleichszeitraum 2023.
NABU-Vogelschutz-Referent Marco Sommerfeld geht davon aus, dass diese Zahlen erst der Anfang sind und sie weiter deutlich ansteigen werden. Das Amselsterben könnte sich deshalb erneut verheerend auf den Vogelbestand auswirken. Häufig sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemie auch als „Amselsterben“ bekannt wurde. Das Virus befällt jedoch auch andere Vogelarten.
„2018 ist der Amselbestand beispielsweise in Hamburg um etwa 40 Prozent eingebrochen. Seitdem hat er sich noch nicht wieder erholt. Bei so einer häufigen Art ist das erschreckend.“ Amseln gehören zu den Vögeln, die es in Deutschland am meisten gibt. Sie werden bei den Vogelzählungen neben Meisen und Spatzen am meisten gesichtet.
Auch Menschen können sich mit dem Usutu-Virus infizieren. Oft bleiben die erkrankten Menschen jedoch symptomfrei, es kommt nur sehr selten vor allem bei immungeschwächten und älteren Menschen zu schweren Krankheitsverläufen.
Die Übertragung auf den Menschen erfolgt eher zufällig über Stechmücken, so das BNITM. Zu den Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge; in seltenen Fällen kann es zu einer Gehirnentzündung kommen, schreibt das BNITM weiter.
Das Bernhard-Nocht-Institut und der NABU hoffen weiter auf die Hilfe durch die Bevölkerung und darauf, dass Menschen tote und kranke Tiere melden und einsenden. Auf diese Weise könne die Ausbreitung des Virus beobachtet, dokumentiert und wissenschaftlich ausgewertet werden.
Das Usutu-Virus wird durch heimische Stechmücken übertragen, die an Vögeln Blut saugen. Infizierte Vögel leiden unter Störungen des zentralen Nervensystems, sie taumeln oder verdrehen den Kopf und wirken apathisch. Befallene Vögel flüchten nicht mehr, wenn sich Menschen oder andere Tiere nähern. Meistens sterben sie innerhalb weniger Tage.
1959 wurde das Usutu-Virus erstmals in Swasiland im südlichen Afrika bei einer systematischen Suche nach Viren in Arthropoden entdeckt. Vermutlich haben Zugvögel das Virus nach Europa eingeschleppt. Spätestens seit Mitte der neunziger Jahre sorgt das Virus für kleinere, wiederkehrende Ausbrüche unter Vögeln in Europa, die oft mit einem Amselsterben einhergehen, so das BNITM.
Erstmals hatte der Erreger in Deutschland 2011 ein Vogelsterben ausgelöst. Danach kam es zu einem großräumigen Ausbruch des Virus, das ein Massensterben von Amseln in Südwestdeutschland verursachte. Seitdem kommt es immer wieder zu größeren Ausbrüchen in Deutschland. Das tropische Virus breitet sich dem NABU zufolge immer weiter aus.