Noch ist die Entscheidung nicht offiziell. Aber übereinstimmende Medienberichte und die Vergabe der Rückennummern des DFB lassen kaum noch Zweifel zu: Die neue Nummer eins im Tor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist der Hoffenheimer Oliver Baumann. Der 34-Jährige bekommt in beiden Duellen gegen Italien in der Nations League die „1“ und demnach den Vorzug vor Alexander Nübel.
Für den Mann des VfB Stuttgart ist die Entscheidung von Bundestrainer Julian Nagelsmann eine weitere Enttäuschung in seiner bislang durchaus turbulenten Karriere. Warum sich Nagelsmann für den Routinier entschieden hat, wird er wohl erst bei der Pressekonferenz an diesem Mittwoch begründen. Aber es dürfte vornehmlich um die Erfahrung des Hoffenheimers gehen und um dessen Stabilität seit vielen Jahren. Patzer wie jener zuletzt gegen den FC St. Pauli kommen eher selten vor.
Wie lange der Nummer-eins-Status von Baumann Bestand hat, ist unklar. Sollte der Hoffenheimer erneut im DFB-Trikot überzeugen, wie bei seinen bislang zwei Länderspielen, dürfte er den Platz sicher haben, bis ter Stegen wieder da ist. Wann das so weit ist? Die Tendenz beim Barça-Keeper geht in Richtung zweite Jahreshälfte.
FC Bayern holt Nübel-Konkurrenten
Nübel muss sich also erst mal einreihen. Er kennt das, seit er im Sommer 2020 vom FC Schalke 04 als junger und extrem ambitionierter Torwart zum FC Bayern wechselte. Er wollte dort eher kurz- als mittelfristig den ewigen Manuel Neuer beerben – und scheiterte daran. Es gab reichlich unangenehme Nebengeräusche, etwa um von Sportvorstand Hasan Salihamidzic zugesagte und von Trainer Hansi Flick ignorierte Einsatzversprechen. Nübel zog auf Leihbasis erst weiter zur AS Monaco und dann zum VfB Stuttgart. Beide Stationen taten seiner Entwicklung gut, auch wenn er die Fans mit seiner bisweilen riskanten Spieleröffnung zur Weißglut bringt.
Wie geht es nun weiter für den Keeper? Bereits Tage vor der Entscheidung hatte er gesagt, dass er zwar viele Länderspiele machen wolle, aber nicht „aktiv anstrebe“ jetzt schon die Nummer eins zu sein. Nübel ist ein Kämpfer, einer, der robust ist gegen Rückschläge. Und so reagierte er auch entspannt auf die Torwart-Situation beim FC Bayern, dem er immer noch gehört. Und dessen Nummer eins er immer noch werden will.
In der Winterpause hatte der Rekordmeister auf die Verletzung von Ersatzkeeper Daniel Peretz reagiert und mit Jonas Urbig eines der größten Torwarttalente des Landes vom 1. FC Köln geholt. Dort war der 21-Jährige hinter Marvin Schwäbe nur noch die Nummer zwei. Und Urbig musste überraschend schnell ran. Nachdem sich Neuer beim Champions-League-Hinspieljubel verletzt hatte. Urbig spielte unaufgeregt und stark, leistete sich dann aber am vergangenen Wochenende bei Union Berlin einen folgenschweren Bock, der das 1:1 möglich machte. Von Klubbossen und Mitspielern gab es aber sofort Rückendeckung für ihn.
Nummer eins beim FC Bayern noch immer im Blick
„Es war klar, dass etwas passieren würde, da sich Daniel Peretz unglücklich verletzt hatte. Doch die Bayern hätten holen können, wen sie wollen oder in ein noch höheres Regal greifen können, es sind die Bayern“, sagte der Nübel am vergangenen Wochenende der „Welt am Sonntag“. In München droht künftig ein Zweikampf um die Nachfolge von Neuer, dessen Vertrag ja noch einmal, bis 2026 verlängert wurde. Urbig besitzt wie Nübel einen Vertrag bis 2029 und dürfte das Neuer-Erbe ebenfalls anstreben. In der nächsten Saison dürfte aber erst mal alles bleiben, wie es ist. Neuer die Nummer eins beim FC Bayern, Urbig ein Herausforderer mit Aussicht auf Spielzeit (das hatte Neuer selbst schon angekündigt) und Nübel ein Stuttgarter, aber womöglich ohne internationale Spiele. Die Ergebniskrise in der Bundesliga hat den VfB auf Rang zehn zurückgeworfen.
„Wenn ich zurückgehen und die Option bekommen sollte, in München die Nummer eins sein zu können, werde ich definitiv darum kämpfen, auch die Nummer eins zu sein. Ganz klar. Darauf freue ich mich auch…“, sagte Nübel und ergänzte: „Wenn Manuel irgendwann zurücktreten sollte, hoffe ich, dass ich dann in das Tor des FC Bayern kann. Ich freue mich auf diese Zeit, doch ich bin gleichzeitig relativ entspannt.“
Die „Bild“-Zeitung warf am Dienstag das Gerücht auf, dass der ewige Titan zum Abschluss seiner Karriere noch einmal ins Tor der Nationalmannschaft zurückkehren könne. Eigentlich war er nach der EM im vergangenen Jahr zurückgetreten. Aber wie nun durchsickert offenbar nur, um seine Vertragssituation beim FC Bayern zu klären. Eine Bedingung für ein mögliches Comeback scheint aber: ter Stegen wäre nicht wieder in bester Form. Der ewige Kronprinz wäre für die Idee einer Neuer-Rückkehr indes wohl nur wenig zu begeistern. Ebenso wie Nübel.