Nach der vom Bundestag beschlossenen Grundgesetzänderung für ein Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur gerät die rot-rote Landesregierung in Schwerin in Zugzwang. Während Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) bereits öffentlich ihre Unterstützung für das von Union, SPD und Grünen getragene Vorhaben äußerte, gibt es bei der Linken als Koalitionspartner weiter Bedenken.
Das könnte Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten des Landes am Freitag im Bundesrat haben. Ohne die Zustimmung der Länderkammer würde die Grundgesetzänderung nicht wirksam werden. Für Fälle, in denen sich die Regierungspartner in Schwerin nicht einig sind, ist eine Enthaltung bei Abstimmungen in der Länderkammer vereinbart. Im Bundesrat sind 46 der 69 Stimmen für die Grundgesetzänderungen nötig. Landesregierungen, an denen nur CDU, SPD und Grüne beteiligt sind, kommen auf 41 Stimmen. Zudem hat das von CSU und Freien Wählern regierte Bayern – es hat sechs Stimmen – Zustimmung signalisiert. MV könnte drei weitere Stimmen beisteuern.
Doch noch lässt die Nordost-Linke offen, ob sie sich dem Willen ihres großen Koalitionspartners beugt. „Wir haben Kritik am Paket wegen der zusätzlichen Rüstungsausgaben und am Verfahren, dass noch der alte Bundestag über die Lockerung der Schuldenbremse entschieden hat“, sagte Linke-Landeschef Hennis Herbst. Dazu kämen immer wieder Hinweise aus der Partei. „Wir sind in der Diskussion, wie wir uns positionieren wollen und nehmen uns dafür auch die nötige Zeit“, betonte Herbst. Vor den Gesprächen mit dem Koalitionspartner gelte es, sich die Kreditpakete nochmals anzuschauen, da es bis zuletzt noch Änderungen daran gegeben habe.
Schwesig rechnet mit mindestens einer Milliarde zusätzlich für MV
Schwesig hatte in der Vorwoche im Landtag erklärt, dass Mecklenburg-Vorpommern mit mindestens einer Milliarde Euro aus dem Infrastrukturpaket des Bundes rechnen könne. Das Geld werde im Land für zusätzliche Investitionen dringend benötigt, unter anderem für Kitas, Schulen oder Krankenhäuser. Zudem erhoffe sie sich durch die staatlich finanzierten Projekte eine Belebung der Wirtschaft.
Union und SPD, die derzeit in Berlin Koalitionsverhandlungen führen, hatten sich nach langem Ringen mit den Grünen auf die schuldenfinanzierten Finanzpakete verständigt. Die frühere Ampel-Partei verhalf Schwarz-Rot am Dienstag im Bundestag daraufhin zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Im Gegenzug erwirkten sie, dass 100 Milliarden Euro in den Klimaschutz fließen.
Union und SPD wollen Schulden machen für Militär und Infrastruktur
Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts – also gemessen am BIP 2024 etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden. Die Bundesländer sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen. Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden. Es wird von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert.
CDU-Landeschef Daniel Peters begrüßte die Einigung trotz der nach seiner Meinung zu großen Einflussnahme der Grünen. „Unterm Strich war es heute ein guter Tag für Deutschland – der Weg für die kommende Bundesregierung ist frei“, erklärte er am Dienstag mit Blick auf die Abstimmung im Bundestag. Das Sondervermögen müsse zu einem spürbaren Modernisierungsschub für die Infrastruktur führen.
Dies müsse einhergehen mit einer Staatsmodernisierung und Entbürokratisierung. Die demokratische Mitte des Parlaments habe dafür gesorgt, dass Deutschland künftig auch deutlich mehr für seine Verteidigungsfähigkeit tue, so Peters. „Groß sind die Herausforderungen vor denen wir angesichts des russischen Angriffskrieges und der plötzlichen Hinwendung der USA zu Russland stehen“, sagte er.
Kritik von AfD
Kritik kam indes von AfD-Landeschef Leif-Erik Holm. Er warf CDU-Chef Friedrich Merz eklatanten Wählerbetrug vor. Die neuen Schulden seien eine unverantwortliche Belastung für Kinder und Enkelkinder. „Statt endlich an der Ausgabenseite zu sparen, setzt Merz die unsägliche Ampel-Politik fort, bei der der einzige Koalitionskitt immer neue Schuldenmilliarden sind“, erklärte Holm. Allerdings war die zerbrochene Ampel-Koalition noch an die Schuldenbremse gebunden. Wie die Linke verurteilte auch Holm das Abstimmungsverfahren. „Es ist schon mehr als dreist, noch schnell den bereits aufgelösten und abgewählten Bundestag über eine Grundgesetzänderung mit derartiger Tragweite entscheiden zu lassen“, sagte er.