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Steht die Zweidrittelmehrheit?: Noch muss Merz wegen der Milliarden-Abstimmung zittern

Die mögliche neue Regierungskoalition aus Union und SPD steht noch vor ihrem Zustandekommen vor ihrer ersten großen Bewährungsprobe. CDU, CSU und SPD müssen an diesem Dienstag ihr schuldenfinanziertes Milliarden-Finanzpaket durch den Bundestag bringen. Da dafür an mehreren Stellen das Grundgesetz geändert werden soll, brauchen sie eine Zweidrittelmehrheit, die sie mit Hilfe der Grünen erreichen wollen. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung äußerten sich die Parteichefs von CDU, SPD und Grünen allerdings optimistisch, dass das Paket durchkommen wird.

Union, SPD und Grüne haben zusammen 31 Abgeordnete mehr, als sie für die Zweidrittelmehrheit brauchen. Problematisch ist allerdings, dass die Frage noch vom alten Bundestag entschieden werden soll – also auch von vielen Abgeordneten, die dem neuen Parlament gar nicht mehr angehören werden und sich daher unter Umständen weniger an die Fraktionsdisziplin gebunden fühlen.

Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja kündigte bereits an, dass er das Finanzpaket im Bundestag bei der namentlichen Abstimmung nicht mit absegnen werde. Die Grundgesetzänderung sei „nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich“, sagte der scheidende Berliner Bundestagsabgeordnete dem Nachrichtenportal The Pioneer.

Bei einer Probeabstimmung in der Grünen-Fraktion gab es nach Angaben aus Teilnehmerkreisen eine Enthaltung und eine unentschiedene Person. Die Abgeordnete Canan Bayram kündigte ein Nein an. „Wir schränken künftige Parlamente mit dem Schuldenpaket in ihren Möglichkeiten zu stark ein“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine kleine einstellige Zahl an Abgeordneten war krank.

Führung der Unions- und SPD-Fraktion zuversichtlich

Die Spitze der Unionsfraktion gibt sich trotzdem optimistisch. Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz ging davon aus, dass die Fraktion bis auf ein paar Abgeordnete – „weniger als eine Handvoll“ – für die Grundgesetzänderungen stimmen werde. „Ich glaube, wir haben die Kritiker überzeugt. Es gibt zwei oder drei, die bei ihrer Entscheidung bleiben wollen, morgen nicht zuzustimmen“, sagte er nach einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion. Auch SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil verbreitete nach einer Sitzung der Fraktion Zuversicht. Derzeit sei der Stand, dass von den 207 SPD-Abgeordneten einer krankheitsbedingt fehlen und es eine Nein-Stimme geben werde, berichtete er. Es würden jedoch noch Gespräche geführt, mit dem Ziel, „dass wir da noch besser werden als SPD-Fraktion“.

Die Grünen-Spitze warb um Zustimmung zu dem gefundenen Kompromiss. Durch die Verhandlungen der Grünen-Fraktionsspitze mit Union und SPD sei das Paket besser geworden, sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Rande eines Treffens mit den EU-Energieministern in Brüssel. „Es sind wichtige Vereinbarungen erzielt worden.“ Es sei eine „Frechheit gewesen, dass man der deutschen Öffentlichkeit ein Infrastrukturpaket als zusätzliche Maßnahmen hat verkaufen wollen und in Wahrheit nur die eigenen Wahlgeschenke damit finanzieren wollte“. Das sei aber abgewendet worden, das Paket sei nun „gut oder gut genug“, sagte Habeck.

Kommt das Milliarden-Paket durch den Bundestag, muss am Freitag auch im Bundesrat die Hürde von zwei Dritteln der Stimmen genommen werden. In der Länderkammer scheint diese Mehrheit allerdings inzwischen garantiert, nachdem die bayerische Landesregierung aus CSU und Freien Wählern Zustimmung signalisiert hat.

Eilanträge verworfen

Unterdessen scheiterten in Karlsruhe weitere Versuche, den Beschluss des Bundestags an diesem Dienstag zu stoppen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf mehrere Eilanträge gegen die geplante Abstimmung, wie das höchste deutsche Gericht am Montagabend mitteilte. Darunter waren Anträge von Bundestagsabgeordneten von AfD, Linke, FDP und dem BSW.

In der Abwägung wäre der Schaden aus Sicht des Gerichts höher, wenn eine einstweilige Anordnung erginge und die Sondersitzung des Bundestags gestoppt würde – der Antrag aber in der Hauptsache keinen Erfolg hätte. Der Eingriff in die Autonomie des Parlaments wäre dann erheblich. Ob der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens die Abgeordnetenrechte verletzt hat, soll ungeachtet der Eilentscheidung jeweils in der Hauptsache geklärt werden. Schon am Freitag hatte das Gericht mehrere Anträge gegen die einberufenen Sondersitzungen des alten Bundestags verworfen. Sie seien unbegründet.

Das Schuldenpaket soll noch vom alten Bundestag verabschiedet werden, weil es im neuen dafür keine Mehrheit mehr gäbe. Der am 23. Februar neu gewählte Bundestag wird am Dienstag kommender Woche erstmals zusammentreten. Union und SPD hatten sich am vergangenen Freitag nach langem Ringen mit den Grünen verständigt, die für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag gebraucht werden. Sie wollen das Grundgesetz an mehreren Stellen ändern lassen: Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts – also gemessen am BIP 2024 etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden.

Die Länder sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen. Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden. Es wird von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert. Davon sind 100 Milliarden Euro für die Länder und weitere 100 Milliarden Euro für Maßnahmen zum Klimaschutz vorgesehen.

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