CDU-Chef Friedrich Merz hat die Erwartungen an eine schnelle Regierungsbildung bis Ostern gedämpft. Dies könne zwar nach wie vor möglich sein – „ich sehe nur die großen Themen, die wir noch behandeln müssen. Und da geht für mich einfach Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, sagte Merz nach einer Fraktionssitzung von CDU und CSU in Berlin vor dem geplanten Votum zur Gesetzesänderung für das Schuldenpaket im Bundestag.
Die neue Regierung solle lieber eine Woche später stehen, als unter Zeitdruck einen Koalitionsvertrag zu beschließen, „der zu viele Fragen offen lässt“. Merz stimmte die Bevölkerung auf langwierige Verhandlungen mit der SPD über einen Koalitionsvertrag ein, bei dem es auch um harte Einschnitte gehen werde. Der Sparbedarf für die kommenden Haushalte werde mit den Entscheidungen zum Finanzpaket „nicht kleiner, sondern in der Perspektive eher größer“. Die Probleme etwa in der Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung seien mit der SPD „noch nicht besprochen, geschweige denn gelöst“.
Der Unionsfraktionschef rechnet derweil trotz einzelner Abweichler in den eigenen Reihen morgen mit der nötigen Zweidrittelmehrheit für das von Union, SPD und Grünen vereinbarte Finanzpaket mit Schulden für Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und Verteidigung. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass das gelingt, aber ich habe natürlich Respekt vor der Abstimmung“, sagte der CDU-Chef.
Gelingt dies tatsächlich, muss am Freitag auch im Bundesrat die Hürde von zwei Dritteln der Stimmen genommen werden. In der Länderkammer scheint diese Mehrheit inzwischen garantiert, nachdem die bayerische Landesregierung aus CSU und Freien Wählern Zustimmung signalisiert hat. Im Bundestag ist eine so breite Unterstützung allerdings noch nicht sicher. Scheitern CDU, CSU und SPD, würde ihnen das finanzielle Fundament für die geplanten Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und in die Infrastruktur wegbrechen.
CDU-Abgeordnete Czaja will gegen Änderung stimmen
Merz sprach von zwei oder drei Unionsabgeordneten, die nicht zustimmen wollten. Es gebe „natürlich auch zu Recht Bedenken“ gegen das Vorhaben, ein solches enormes Sondervermögen auf den Weg zu bringen. Er könne zudem „voll und ganz“ nachvollziehen, dass es Rückfragen und auch Zweifel daran gebe, ob es der richtige Weg sei, das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 ins Grundgesetz aufzunehmen.
Aus der Unionsfraktion wollte der CDU-Abgeordnete Mario Czaja gegen die Grundgesetzänderung stimmen. Er begründete sein Nein mit Sorgen vor einer Neuverschuldung, welche „den Handlungsspielraum des Staates massiv einschränken“ werde. Im Kurzbotschaftendienst X schrieb er: „Wir versündigen uns an den nächsten Generationen.“ Czaja wird dem neuen Bundestag nicht mehr angehören: Er hat bei der Bundestagswahl sein Direktmandat in Ost-Berlin verloren.
Der alte Bundestag entscheidet am morgigen Dienstag über mehrere Grundgesetzänderungen. Geplant ist die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und für die Länder. Zudem soll ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 eingerichtet werden.