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Länder und Kommunen reden mit: Nach der Milliardeneinigung beginnt das Ringen um die Verteilung

Nach der Einigung von Union und SPD mit den Grünen über das geplante Multimilliarden-Finanzpaket beginnt nun das Ringen um die konkrete Verteilung der zusätzlichen Mittel. Die Wirtschaft und Ökonomen dringen zugleich auf Reformen und Bürokratieabbau, um mit der zusätzlichen Schuldenaufnahme auch Wirkung zu erzielen und die Wirtschaftsschwäche zu überwinden. Alle richten ihre Augen auf die Koalitionsverhandlungen, in denen CDU, CSU und SPD die Details bis 24. März grundsätzlich festzurren wollen. Wer will was?

Union

Sie dringt auf Strukturreformen und Einsparungen. „Das Investieren, das können wir mit diesem Sondervermögen machen. Aber die Aufgabe Reformieren und Konsolidieren, die liegt noch vor uns“, sagte der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, in den ARD-„Tagesthemen“. Das sei die Aufgabe für die Arbeitsgruppen in den Koalitionsverhandlungen. „Da muss auch deutlich eingespart werden und unser Land fitter gemacht werden.“ Die SPD wisse beispielsweise, dass beim Bürgergeld gespart werden müsse. Ähnlich hatte sich kurz vor der Einigung auch schon CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann geäußert.

Bundesländer

Sie sollen künftig alle zusammen Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufnehmen dürfen. Außerdem sollen sie 100 Milliarden Euro aus dem geplanten 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur-Investitionen erhalten. Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt schlägt für die Verteilung den sogenannten Königsteiner Schlüssel vor, der sich nach Steueraufkommen und Einwohnerzahl der Länder richtet. „Es braucht ein schlankes, einfaches Verfahren, das durch Vertrauen in die Länder und Kommunen geprägt ist“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zur Begründung.

Immerhin haben die Länder bei den erforderlichen Grundgesetzänderungen im Bundesrat mitzureden: Nach der geplanten Verabschiedung am kommenden Dienstag im Bundestag braucht es auch in der Länderkammer eine Zweidrittelmehrheit.

Kommunen

Die Kommunen erheben Anspruch auf einen Großteil der Milliarden. „Wir haben die sehr klare Erwartung, dass die Länder einen Großteil dieser zusätzlichen Finanzmittel an die Kommunen weitergeben“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, André Berghegger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Was wir nicht brauchen, sind zusätzliche Förderbürokratie oder eine Einschränkung der Mittelverwendung. Städte und Gemeinden wissen sehr genau, welche Infrastrukturmaßnahmen bei Straßen, Schulen, Brücken oder sonstigen Bereichen prioritär angegangen werden müssen.“

Der Präsident des Landkreistags, Achim Brötel fordert in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Bund eine Verdreifachung des kommunalen Umsatzsteueranteils in einer Größenordnung von 11 bis 12 Milliarden Euro pro Jahr. „Damit könnten die Landkreise, Städte und Gemeinden nämlich sehr viel mehr anfangen als mit einem großen Investitionsprogramm, bei dem der Bund die Bedingungen aufstellt und das möglicherweise dann noch nicht einmal die drängendsten kommunalen Bedarfe trifft.“

Wirtschaft und Ökonomen

Deutsche Industrie- und Handelskammer, Präsident Peter Adrian, wertet die Verständigung auf das Milliardenpaket als ein positives Signal, aber: „Ohne konsequente Reformen bleibt die Wirtschaft schwach, und die zusätzlichen Kredite können sich zu einer enormen Belastung auftürmen.“ Nötig seien schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. „Ohne mehr Tempo und Effizienz erreichen wir keinen Schub bei den öffentlichen wie privaten Investitionen – es steigen dann nur Preise und Kosten.“

Auch Ökonomen melden Bedenken an, was die konkrete Ausgestaltung des Finanzpakets angeht: Ifo-Institut, Präsident Clemens Fuest sagt in der „Welt“: „Die Gefahr einer Zweckentfremdung der Kreditmittel wurde nicht gebannt, aber reduziert.“ Wirtschaftsweise Veronika Grimm vom Sachverständigenrat für Wirtschaft sagte in derselben Zeitung: „Die Verhandlungspartner stehen jetzt unter großem Druck, wachstumsfördernde Strukturreformen zu beschließen.“ Die Voraussetzungen dafür seien nicht gut, wenn man alles mit Geld zukleistern könne.

Gewerkschaften

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Yasmin Fahimi, lobte die Einigung. „Die möglichen Koalitionäre müssen daraus jetzt ein überzeugendes Programm für sichere Beschäftigung und nachhaltige Wirtschaft machen. Wir werden weiter kritisch begleiten, dass dabei soziale Rechte und Sicherheit nicht infrage gestellt werden“, erklärt sie.

Was ist genau geplant?

Außer der Lockerung der Schuldenbremse für die Länder haben sich Union, SPD und Grüne noch auf folgende Punkte geeinigt:

  • Verteidigung, Zivilschutz, Cybersicherheit und Nachrichtendienste: Ausgaben dafür sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des BIP – also etwa 44 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber Hinausgehende soll beliebig aus Krediten finanziert werden dürfen.
  • Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität: Ein nicht der Schuldenbremse unterliegendes Sondervermögen soll dafür mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert werden. Der Sondertopf soll für zwölf Jahre zur Verfügung stehen.

Wie geht es weiter?

  • Am Sonntag tagt der Haushaltsausschuss und gibt eine Beschlussempfehlung für den Bundestag ab. Am Dienstag soll das Plenum das Vorhaben beschließen. Am Freitag tagt der Bundesrat.
  • Am 24. März sollen die Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandlungen ihre Textvorschläge für den Koalitionsvertrag vorlegen, danach befasst sich die kleinere Steuerungsgruppe damit.
  • Am 25. März konstituiert sich der neue Bundestag.
  • Am 20. April ist Ostersonntag: Ostern ist der späteste Termin, bis zu dem Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) eine Regierung gebildet haben will.

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