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Rote Insel im blauen Meer – Ein Dorf in MV geht an die SPD

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Nach der Bundestagswahl sieht Mecklenburg-Vorpommerns politische Landkarte blau aus – mit ganz wenigen Ausnahmen. Eine ist das Dorf Kieve mit rund 140 Einwohnern am südlichen Rand des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte. Dort hat die SPD die meisten Zweitstimmen bekommen: 20,9 Prozent. Die AfD kam auf 19,8 Prozent, die CDU belegte mit 17,4 Prozent Platz drei. 

Außerdem gibt es laut Landeswahlleitung drei Dörfer im Westen des Landes, in denen nach dem vorläufigen Ergebnis die CDU die meisten Stimmen bekam (Grieben, Thandorf, Pingelshagen). In Röckwitz (Mecklenburgische Seenplatte) lagen CDU und AfD demnach gleichauf.

Wie Kieves Bürgermeisterin sich das Wahlergebnis erklärt

Kieves Bürgermeisterin Christine Jantzen (parteilos) sieht mehrere Gründe für die Tatsache, dass vergleichsweise wenige in ihrem Dorf die AfD gewählt haben. Da sei zum einen der – letztlich gescheiterte – SPD-Bundestagskandidat Johannes Arlt, sagt sie. „Der kam immer wieder selbst in unser kleines Dorf, wenn es Probleme gab.“ Mal sei es um einen Funkmast gegangen, mal um eine Putenfarm. Arlt habe sich gekümmert. „Das zahlt sich aus, denke ich.“ 

Geld hat die Gemeinde nach den Worten ihrer Bürgermeisterin wenig, aber es ist enorm viel los für ein Dorf dieser Größe. Seit Jahren wird etwa um den 21. Juni ein „Weißes Dinner“ veranstaltet, mal auf der Gemeindewiese, mal am Strand des örtlichen Badesees, mal auf einer Pferdekoppel. „Wir bauen zwei Pavillons auf, stellen Biertischgarnituren rein und decken alles weiß ein“, schildert Jantzen. Das ganze Dorf sei eingeladen, etwas zu essen mitzubringen und sich weiß zu kleiden. „Dann sitzen alle beisammen, essen und reden miteinander.“ Die dorfeigene Band spiele auf einer Bühne aus Paletten mit einem Teppich darüber.

„Damit die Leute sich über den Weg laufen müssen“

Veranstaltungen wie diese habe sie seit ihrem Amtsantritt als ehrenamtliche Bürgermeisterin im Jahr 2014 forciert, damit die Menschen zusammenkommen. „Unsere Einwohnerschaft ist quasi dreigeteilt: Etwa ein Drittel sind Zugezogene aus Berlin, darunter viele Künstler, ein Drittel Alteingesessene und ein Drittel stammt grob gesagt aus der Region“, sagt die Bürgermeisterin, die ursprünglich aus der nahen Stadt Röbel stammt. „Man lebte teilweise in Paralleluniversen.“

Um das zu ändern, stelle das Dorf bewusst viel auf die Beine, „damit die Leute sich über den Weg laufen müssen“. Das Gros der Menschen im Ort schätze das auch sehr. „Wenn man miteinander ins Gespräch kommt, merkt man erst einmal, wie wenig man über den anderen weiß.“ 

Winterwanderung, Flohmarkt, Erntefest, Adventsmarkt – das neueste Projekt des Ortes ist eine Theatergruppe unter dem Motto „Immer wieder THEATER im Dorf“. Mit der Idee haben sie sich in einem bundesweiten Wettbewerb beworben, der die Menschen im ländlichen Räum wieder näher zusammenbringen will. Kieve ist einer von 100 Orten, die ausgewählt wurden, heißt es stolz auf der Internetseite der Gemeinde. Im Austausch wachse Verständnis füreinander, sagt die Bürgermeisterin und stellt doch auch klar: „Wir haben hier kein Bullerbü.“ Siebzehn Stimmen habe die AfD in Kieve bekommen. „Das sind aus meiner Sicht 17 zu viel“, sagt Jantzen.

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