Bundesweit hat die Union die Wahl gewonnen – in Mecklenburg-Vorpommern aber ist die AfD erstmals bei einer Bundestagswahl stärkste Kraft geworden. Dem vorläufigen Endergebnis zufolge, das erst nach Mitternacht feststand, erreichte die Partei im Nordosten 35,0 Prozent der Stimmen. Sie verdoppelte damit ihr Ergebnis von 2021 und verdrängte die SPD, die vor dreieinhalb Jahren mit 29,1 Prozent noch klare Wahlsiegerin war und auch alle sechs Direktmandate gewonnen hatte, vom Spitzenplatz. Alle sechs Wahlkreise gingen dieses Mal an die AfD.
Im Geleitzug der Bundes-SPD mussten die Sozialdemokraten im Nordosten schmerzhafte Verluste hinnehmen. Mit 12,4 Prozent fuhr die Partei von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig ihr bislang schlechtestes Bundestagswahl-Ergebnis ein. Sie landete hinter der CDU nur noch auf Platz drei, die in MV 17,8 Prozent erzielte. Diese schnitt schlechter ab als die Bundespartei insgesamt und erreichte nicht die angestrebte deutliche Verbesserung gegenüber 2021, als 17,4 Prozent auf ihr Konto gingen.
Die Nordost-Linke erreichte 12,0 Prozent der Stimmen und wird damit auch im neuen Bundestag vertreten sein. Das in Rostock angestrebte Direktmandat verfehlte die Partei allerdings knapp. Das Bündnis Sahra Wagenknecht kam im Nordosten auf 10,6 Prozent, blieb bundesweit aber unter der Fünf-Prozent-Marke und verpasste so den Sprung in den Bundestag. Die Grünen büßten im Nordosten ein und kamen auf 5,4 Prozent. Die FDP erlitt gegenüber 2021 massive Verluste und sackte auf 3,2 Prozent ab.
Bundesweit siegt Union klar vor AfD
Bundesweit sind CDU und CSU mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz klar stärkste Kraft geworden. Nach Auszählung aller Stimmen kommt die Partei mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz auf 28,6 Prozent. Auf Platz zwei kommt die AfD, die ihr Ergebnis auf 20,8 Prozent verdoppelt. Die SPD von Kanzler Olaf Scholz stürzt dramatisch ab und erzielt mit 16,4 Prozent ihr schlechtestes Bundestags-Wahlergebnis seit 1949. Die Grünen verlieren leicht und kommen auf 11,6 Prozent. Die Linke steigerte sich deutlich auf 8,8 Prozent. Die FDP halbierte ihr Ergebnis und fliegt mit 4,3 Prozent aus Bundestag.
In Mecklenburg-Vorpommern reichte die Stimmung am Wahlabend von Jubel bei der AfD über verhaltene Sektlaune bei der CDU bis zu Katerstimmung bei der Regierungspartei SPD. „Die Union ist in etwa so stark wie SPD und Grüne zusammen, gegenüber der letzten Bundestagswahl konnten wir deutlich zulegen“, sagte der CDU-Landesvorsitzende Daniel Peters mit Blick auf das Bundesergebnis.
AfD sieht ihr Ergebnis als historisch
Der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm nannte das Abschneiden seiner Partei historisch. „Keine andere Partei hat so stark dazugewonnen wie wir. Der ganze Osten ist blau“, sagte Holm. Das Ergebnis sei das „Ende der links-grünen Dominanz.“ Die Bürger hätten unmissverständlich klargemacht, dass sie eine Politikwende in Deutschland wollten.
Die SPD-Landesvorsitzende und Ministerpräsidentin Schwesig räumte die Wahlschlappe ihrer Partei ein. „Es ist eine schwere Wahlniederlage mit Ansage“, sagte sie. „Die SPD hat nicht in den letzten zwei Wochen verloren, sondern in den letzten zwei Jahren.“ Der Dauerstreit in der Ampel-Koalition habe Olaf Scholz und der SPD massiv geschadet. Für die Zukunft werde sich die SPD neu aufstellen müssen.
Der Landesvorsitzende der Linken, Hennis Herbst, feierte den Wiedereinzug seiner Partei in den Bundestag als „phänomenalen Erfolg“. Das gebe auch der rot-roten Regierungskoalition in Mecklenburg-Vorpommern Rückenwind für die weitere Arbeit.
Was folgt aus dem starken AfD-Ergebnis?
Schwesig sieht im Abschneiden der AfD, die von Verfassungsschutz einiger Bundesländer als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, einen „Auftrag an alle demokratischen Kräfte, die drängenden Probleme gemeinsam zu lösen“, wie sie sagte. CDU-Landeschef Peters sagte rückblickend auf den Wahlkampf: „Der Versuch, die CDU mit einer Schmutzkampagne zu überziehen, hat offenkundig nicht funktioniert.“ Wer gegen Positionen der politischen Mitte demonstriere, weil er sie für rechtsradikal halte, stärke am Ende die Falschen. „Auch das ist eine Lehre aus dem heutigen Abend“, sagte er.
Am Abend war zunächst noch unklar, wer für die Parteien aus Mecklenburg-Vorpommern in den Bundestag einziehen wird. Nach der jüngsten Wahlrechtsreform bekommen Gewinner der Wahlkreise nicht mehr automatisch ein Mandat. Entscheidend ist das Zweitstimmenergebnis der Parteien. Diese Neuerung dürfte sich auf die AfD auswirken, bei der möglicherweise die beiden Wahlkreissieger mit den schlechtesten Erststimmenergebnissen keinen Sitz im Parlament bekommen werden. Der neue Bundestag wird nur noch 630 Abgeordnete haben, statt zuletzt 733.
Hohe Wahlbeteiligung
In den sechs Wahlkreisen in Mecklenburg-Vorpommern hatten nach Angaben des Landeswahlleiters insgesamt 110 Kandidatinnen und Kandidaten um die Gunst der Wähler geworben. Die Wahlbeteiligung erreichte 79,5 Prozent und lag damit höher als 2021, als 71,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Turnusgemäß hätte der Bundestag erst im Herbst gewählt werden sollen, doch wurden nach dem Aus der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November 2024 vorgezogenen Neuwahlen nötig.
In Mecklenburg-Vorpommern waren rund 1,3 Millionen Menschen bei der vorgezogenen Bundestagswahl zur Stimmabgabe aufgerufen. In den sechs Wahlkreisen hatten nach Angaben des Landeswahlleiters insgesamt 110 Kandidatinnen und Kandidaten um die Gunst der Wähler geworben. Sechs Parteien stellten zusammen bislang 16 Abgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern. Im neuen Bundestag werden es weniger sein.