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SPD und Grüne gehen Merz scharf an – Kaum inhaltliche Vorschläge

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CDU-Chef Friedrich Merz sorgt mit seiner Ankündigung, im Bundestag einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik einzubringen und dabei auch Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, für harsche Proteste bei SPD und Grünen. Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck nennt das Vorhaben „einen schweren politischen Fehler“.

Kanzler Olaf Scholz sieht einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Für SPD-Politikerin Katja Mast hat Merz sich „politisch nicht mehr im Griff“. Zugleich springen ihm Vertreter aus den eigenen Reihen bei. Derweil sucht Merz bei den früheren Ampel-Koalitionären um Unterstützung und stellt ihnen nach eigenen Angaben die Anträge vorab zur Verfügung.

Grünen-Kanzlerkandidat Habeck kritisierte die Zurückweisung von Asylsuchenden als „eine Einschränkung des Asylrechts, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg so nicht gekannt haben“. Zudem würde ein Vorgehen ohne Absprache mit den EU-Partnern „Europa sofort zerreißen“. Die anderen Länder würden es Deutschland nicht nachsehen, wenn es sich „unabgesprochen und unkoordiniert“ benimmt wie Ungarn, sagte er in einem Video.

Sollte Merz sein Ansinnen jedoch überdenken und die Ankündigungen zurücknehmen, stellte Habeck Respekt in Aussicht. „Wenn es nicht zu einer Abstimmung kommt, wo die Mehrheitsbildung mit der AfD billigend in Kauf genommen wird, dann wird es von grüner Seite und von meiner Seite aus dafür Respekt geben und nicht Häme“, sagte er ferner bei einer Wahlkampfveranstaltung in Stuttgart.

Für Scholz indes sagt es auch etwas über die „Befähigung, ein hohes Amt in Deutschland auszuüben“ aus, wenn der Oppositionsführer vorschlägt, der Bundeskanzler solle Dinge tun, „die mit der Verfassung dieses Landes und mit den europäischen Verträgen nicht vereinbar sind“. Bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Saarbrücken fragte er: „Wo soll das hinführen? Was sollen Beamte, Polizisten machen, die eine Anweisung kriegen, die nicht mit Recht und Gesetz vereinbar ist?“

Das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf Asyl sei eine Konsequenz aus den Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur. Dieses Grundrecht dürfe man nicht einfach infrage stellen. Jeder könne sich darauf verlassen, dass er die Offenheit der Gesellschaft für Zuwanderung und benötigte Arbeitskräfte sowie das Grundrecht auf Asyl erhalten werde.

Im Deutschlandfunk wies CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei derweil darauf hin, dass man laut Grundgesetz-Artikel 16a kein Anrecht auf Asyl beanspruchen könne, wenn man aus einem EU-Land einreist. Auch Gerichtsurteile stünden dem Vorschlag von Merz nicht entgegen. Merz verwies seinerseits bei einem Auftritt in Künzelsau auf den EU-Vertragsartikel 72, der den Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für den Schutz der inneren Sicherheit belässt.

„Was soll ich glauben?“

Scholz sagte weiter, er habe bisher stets geglaubt, dass Merz sich an sein Versprechen halten werde, nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. „Was soll ich glauben? Das ist eine Frage, die nach den Vorgängen, die diese Woche passiert sind, sich jeder Bürger und jede Bürgerin stellen muss.“ Es dürfe in Deutschland „niemals geschehen“, dass Demokraten trotz aller politischen Unterschiede mit den extremen Rechten zusammenarbeiteten.

Merz entgegnete dem Kritikpunkt bei einem seiner Auftritte, dass sich Scholz um andere Probleme kümmern sollte als das Abstimmungsverhalten der Union. „Machen wir uns dann abhängig vom Abstimmungsverhalten der AfD? Entscheidet die AfD darüber, welche Anträge wir in den Deutschen Bundestag einbringen und welche nicht? Sagt die SPD uns, was wir dürfen und was wir nicht dürfen? Sagen die Grünen uns, was wir dürfen und was wir nicht dürfen?“ Es sei nun der Punkt erreicht, „wo taktische Spielchen zu Ende sind“. Jetzt werde entschieden „und zwar mit den Mehrheiten, die der Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland entsprechen“, sagte der Oppositionsführer.

Zugleich betonte er einmal mehr, dass er „mit dieser Partei keine Gespräche über irgendeine Art der Zusammenarbeit führen“ werde. Denn die AfD sei mit der Forderung nach einem Austritt aus der NATO und dem Euro und dem Sitzen „auf dem Schoß von Putin“ gegen alles, was Deutschland groß und stark gemacht habe.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn fordert seinerseits die SPD zu Bewegung in der Migrationspolitik auf. „Wenn die SPD endlich auf ihre Bürgermeister und Wähler vor Ort hört, gibt es Mehrheiten im Bundestag auch jenseits der AfD. Die Wende in der Migrationspolitik muss endlich kommen.“ Spahn sagte weiter: „Die Zeit der falschen Kompromisse ist vorbei. Wir als Union tun, was notwendig ist. Tut die SPD das auch oder taktiert sie, das ist die entscheidende Frage.“

Mast appelliert an „Anständige in der CDU“

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, sagte im „Spiegel“ mit Blick auf Merz, sie erwarte „dass die Anständigen in der CDU diesen Kurs nicht mitgehen“. Die SPD wolle irreguläre Migration reduzieren. „Aber das muss aus der demokratischen Mitte heraus erfolgen, mit entsprechenden Mehrheiten. Dieser politisch-parlamentarische Grundkonsens ist Merz egal.“ Sie forderte eine europäische Lösung der Probleme in der Asylpolitik. Die Union kehre Europa aber den Rücken zu.

Grünen-Chef Felix Banaszak sagte im Deutschlandfunk, seine Fraktion stimme den Anträgen der Union in der nächsten Woche nicht zu. „Und die Union sollte sich auch sehr genau überlegen, ob sie diese Anträge in der Form wirklich einbringt“, sagte er. Sie seien europa- und verfassungsrechtlich zum großen Teil „hochgradig fragwürdig“.

Auch FDP-Chef Christian Lindner macht sich für einen schärferen Kurs stark. „In der Ampel wurde mehr Konsequenz bei der Begrenzung von Migration von Rot-Grün immer verwässert. Auch mein Vorschlag, den Schulterschluss der demokratischen Parteien Union, FDP, SPD und Grüne zu suchen, wurde von Olaf Scholz damals hintertrieben“, sagte der frühere Finanzminister. Jetzt sei eine neue Gelegenheit.

Im Herbst hatte der Bundesrat Teile eines Sicherheitspakets gestoppt. Dabei ging es zum Beispiel um mehr Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden. Die Union hält die Pläne für nicht ausreichend und will Verbesserungen. Merz sagte nun: „Wir hätten seit vier Monaten ein Vermittlungsverfahren im Bundesrat und mit dem Bundestag haben können. Der Antrag hätte von der Bundesregierung längst gestellt werden müssen.“

Noch nicht verabschiedet sind im Bundestag zudem Gesetzespläne, die mehr Befugnisse für die Bundespolizei vorsehen. Dabei geht es etwa um Überwachung von Telekommunikation. Ebenfalls noch nicht vom Parlament beschlossen ist die nationale Umsetzung einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Damit soll die Migration stärker gesteuert und die irreguläre Migration wirksam begrenzt werden.

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