Donnerstag, 21.November 2024 | 22:15

Vorratspflicht gefordert: Krebs-Medikamente fehlen – Kasse schlägt Alarm

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Die AOK fordert, die Pflicht zur Lagerhaltung auf weitere wichtige Arzneimittel auszuweiten. Das berichtet der „Spiegel“. Bisher gilt nur für patentfreie Generika, für die zwischen Krankenkassen und Pharmafirma ein Rabattvertrag besteht, eine sechsmonatige Bevorratungspflicht. Antibiotikasäfte für Kinder, aber auch Arzneimittel gegen Krebs, die den Wirkstoff Tamoxifen enthalten, fallen nicht unter die Regelung.

„Das ist ein offensichtlicher Systemfehler, der dringend abgestellt werden muss“, sagte Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, die in der AOK-Gemeinschaft für die Verhandlungen der Generika-Rabattverträge zuständig ist. Sowohl bei den Antibiotikasäften als auch bei den Krebs-Medikamenten gibt es Lieferengpässe. „Wir brauchen für alle versorgungsrelevanten Arzneimittel eine entsprechende Mindestlagerhaltung, unabhängig von Rabattverträgen“, sagte Bauernfeind.

Ob eine Pflicht zur Lagerhaltung etwas bringt, ist allerdings umstritten. Statt Produktionsanreize zu schaffen, entstehen unter anderem zusätzliche Kosten. Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Lagerpflicht seien seitens des Gesetzgebers nicht vorgesehen, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium. Die seit Ende Juli 2023 geltende Pflicht konnte die Situation rund um Lieferengpässe bisher nicht entscheidend entschärfen.

Medizinunternehmer Christian Wegner fordert stattdessen, durch finanzielle Anreize die Wirkstoffproduktion in die westlichen Industrieländer zurückholen, um den Medikamentenmangel zu bekämpfen. Aktuell bestehe wegen fehlender Wirkstoffe die Gefahr, dass wie im vergangenen Jahr Chemotherapien verschoben werden müssen, berichtete er im Gespräch mit ntv.de. „In der onkologischen Versorgung haben wir im Moment wirklich akute Probleme“, sagt der Apotheker, der auch das Unternehmen Medipolis betreibt, das Schwerstkranke zu Hause mit Medikamenten samt Verabreichung versorgt. „Das sollte sich eine hoch entwickelte Gesellschaft einfach nicht leisten.“

Aus Unternehmersicht käme das nötige Geld idealerweise aus höheren Sozialabgaben, aus Bürgersicht durch eine Umverteilung innerhalb der Pharmabranche. Das zu entscheiden, sei Sache der Politik, meint Wegner.

Das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt derzeit 737 gemeldete Engpässe, im Vorjahr waren es 1017. Erklärt das Bundesgesundheitsministerium einen „Versorgungsmangel“, dürfen Medikamente vereinfacht aus dem Ausland importiert werden. Dies gilt derzeit etwa für Tamoxifen, für Kochsalzlösung oder für Impfstoffe gegen das RS-Virus, einen Erreger akuter Atemwegsinfektionen, mit dem sich insbesondere Säuglinge und Kleinkinder anstecken.

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