Wir schreiben das Jahr 1996, als „Twister“ im wahrsten Sinne des Wortes einen Wirbelsturm auf der Leinwand entfacht. Knapp 30 Jahre später will nun „Twisters“ die schaurig-schöne Tornado-Faszination wiederbeleben und zugleich frischen Wind ins Katastrophenfilm-Genre bringen. Gelingt das?
Dass von Tornados eine ganz besondere Faszination ausgeht, hängt nicht ausschließlich mit ihrer Zerstörungskraft zusammen. Schließlich haben auch andere Stürme, ob man sie nun Hurrikan, Orkan, Taifun oder Zyklon nennt, das Potenzial, mal mir nichts, dir nichts ganze Landstriche zu verwüsten. Vielmehr ist es die Anmutung der über Land entstehenden Windhosen, die einen ebenso erschaudern lässt, wie in den Bann zieht.
Nicht zuletzt die Amerikaner können ein melodramatisches Lied davon singen. Im Mittleren Westen der USA befindet sich die sogenannte „Tornado-Alley“. In einer „Gasse“, die sich durch die Bundesstaaten Oklahoma, Kansas, Missouri, Nebraska, South Dakota und Texas zieht, sorgen die klimatischen Bedingungen dafür, dass es hier überdurchschnittlich häufig zu dem verheerenden Wetterphänomen kommt. Pro Jahr werden in der Region mitunter mehr als 500 Tornados gezählt.
1996 griff Hollywood im Katastrophenfilm „Twister“ die alltägliche Gefahr in Teilen des Landes zur Publikumsbelustigung auf. Mit vollem Erfolg – jedenfalls was das Einspielergebnis angeht. Bei einem Budget von rund 92 Millionen Dollar spülte der Streifen weltweit mehr als das Fünffache in die Kassen. Den Löwenanteil steuerten freilich die USA bei, in denen das Tornado-Bewusstsein eben schlicht ausgeprägter ist als in Wanne-Eickel oder Bratislava. Bei der Kritik fiel „Twister“ dagegen weitgehend durch. Unter anderem setzte es eine Goldene Himbeere in der Kategorie „Am schlechtesten geschriebene Filme, die über 100 Millionen Dollar einspielten“.
Dies hielt die Traumfabrik jedoch nicht davon ab, nun, knapp 30 Jahre später, mit „Twisters“ abermals einen Sturm auf der Leinwand zu entfachen. Oder vielmehr – wie es der Titel bereits erahnen lässt – gleich eine ganze Reihe an Stürmen. Der Film unter der Regie von Lee Isaac Chung belässt es nämlich nicht dabei, nur einen Tornado von der Leine zu lassen. In „Twisters“, der hauptsächlich in Oklahoma spielt, geht es zu, wie es halt manchmal tatsächlich in Okahoma zugeht: Ein Wirbelsturm jagt den nächsten.
Mittendrin: die Meteorologin Kate (Daisy Edgar-Jones). Als sie mit einer Gruppe von Freunden und Kollegen mal wieder Jagd auf einen Sturm macht, um zu experimentieren, ob der Windhose mit einer großen Ladung an Polymeren der Garaus gemacht werden könnte, kommt es zur Tragödie: Drei ihrer Mitstreiter geraten in den tödlichen Sog des Tornados und sterben. Kate überlebt die Katastrophe schwer verletzt – und zieht sich daraufhin für Jahre in einen Bürojob nach New York City zurück.
Eines Tages schneit jedoch plötzlich ihr ehemaliger Team-Kollege Javi (Anthony Ramos) herein. Er schwärmt von einer völlig neuen Technik, um Wirbelstürme zu analysieren, und überzeugt Kate schließlich, mit ihm erneut auf Tornado-Jagd zu gehen. Doch die Truppe rund um Kate und Javi ist nicht allein in den Weiten von Oklahoma unterwegs. Während sie scheinbar ausschließlich im Dienste der Wissenschaft den Stürmen aus nächster Nähe ins Auge blickt, tun andere wie Draufgänger Tyler (Glen Powell) und seine Kumpel dies nur für den Kick für den Augenblick – und für die unzähligen Klicks in den sozialen Netzwerken. Ein ums andere Mal kommen sich die konkurrierenden Teams ins Gehege, bis die Naturgewalten sie schließlich dazu zwingen, gemeinsam ums Überleben zu kämpfen …
Wirklich etwas Neues für die Film-Geschichtsbücher hat „Twisters“ nicht zu bieten. Der Streifen ist kein Sequel zu „Twister“, an den er inhaltlich nicht anknüpft. Ebenso wenig handelt es sich um ein Remake, auch wenn „Twisters“ dann doch so manche Versatzstücke des Vorgängers aus dem Jahr 1996 mehr oder weniger eins zu eins wiederverwendet. Die ikonische Szene mit der durch die Luft fliegenden Kuh allerdings gehört nicht dazu.
Auf die Story, deren Bedeutungsschwere dann doch überschaubar bleibt, kommt es aber vermutlich auch gar nicht so sehr an. Sie stammt übrigens von keinem Geringeren als Joseph Kosinski, der unter anderem bei „Top Gun: Maverick“ Regie geführt hat. Auch Glen Powell dürfte einigen noch als Jetpilot „Hangman“ in dem Tom-Cruise-Streifen in Erinnerung sein. Seine Darstellung des Hillbillys Tyler nun in „Twisters“ fällt jedoch reichlich klischeehaft aus.
So sind es letztlich in erster Linie die Effekte und die Wirkmacht der Bilder, die als möglicher Grund für einen Kinobesuch übrigblieben. Natürlich ist „Twisters“ mit knapp 30 Jahren an technischem Vorsprung hier „Twister“ überlegen. Aber dann wiederum auch nicht so sehr, dass es die Neuauflage nun unbedingt gebraucht hätte. Der Erfolg des Originals aus dem Jahr 1996 geht schließlich auch ein ganzes Stück weit darauf zurück, dass der Film für seine Zeit schon ziemlich versiert darin war, ein echtes Katastrophen-Gefühl zu erzeugen. Dass „Twisters“ ein ähnlicher Kassen-Tornado wie sein Vorgänger wird, sollte deshalb nicht erwartet werden. Schon eher ist zu befürchten, dass die Erinnerung an den Film schon bald wie vom Winde verweht sein wird.
„Twisters“ läuft ab sofort in den deutschen Kinos und auch im „CineStar“ Wismar!