Die Doublesieger stürmten auf ihren Kunstschützen Granit Xhaka zu, und Xabi Alonso sprang völlig euphorisiert auf die riesige Jubeltraube. Als die Fans „Deutscher Pokalsieger SVB“ skandierten, tanzten Florian Wirtz und Co. völlig losgelöst vor ihrer Kurve am Berliner Marathontor. Partymodus dank eines Traumtors, die Überflieger von Bayer Leverkusen haben mit Ach und Krach ihre historische Saison mit dem DFB-Pokalsieg gekrönt.
Im Finale im Berliner Olympiastadion bezwang das Team von Erfolgstrainer Xabi Alonso den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern trotz langer Unterzahl mit 1:0 (1:0) – auf die erste Meisterschaft der Klubgeschichte folgte also erwartungsgemäß das erste Double. Die abgekämpften FCK-Spieler sanken völlig enttäuscht zu Boden, wurden dann von ihren Fans für den großen Kampf dennoch gefeiert. „Es war natürlich hart. Du kannst nicht mehr diese Dominanz haben. Aber wir hatten Chancen und das Spiel kontrolliert, am Ende verdient gewonnen“, sagte Sportchef Simon Rolfes bei Sky: „Wir haben noch nicht so richtig gefeiert, aber heute wird es ein bisschen länger.“
Xhaka sorgte drei Tage nach dem schmerzhaften 0:3 im Europa-League-Finale in Dublin gegen Atalanta Bergamo mit seinem Schlenzer aus 20 Metern (16.) für Bayers zweiten Pokaltriumph nach 1993 – und wendete damit die ganz große Enttäuschung im Saisonendspurt ab. Doch dafür musste die Werkself nach der Gelb-Roten Karte für Odilon Kossounou ab der 44. Minute ordentlich zittern.
Für Kaiserslautern – Pokalsieger 1990 und 1996 – war es die sechste Niederlage im achten Finale. Das Team von Friedhelm Funkel verpasste es, erst als zweiter Zweitligist nach Hannover 96 (1992) den Titel zu holen und als fünfter unterklassiger Klub in den Europapokal einzuziehen.
Funkel blieb in seinem letzten Spiel als FCK-Coach der Traumabschied verwehrt, gefeiert wird die berauschende Pokalsaison und der Klassenerhalt in der 2. Liga trotzdem: Am Sonntagnachmittag auf dem heimischen Stiftsplatz. Zeitgleich werden Bayers Helden in der Heimat empfangen – mit Autokorso, Eintrag ins Goldene Buch und Party in der BayArena. Und auch in Heidenheim können die Korken knallen: Durch den Pokaltriumph des Meisters ist der FCH als Achter der abgelaufenen Bundesliga-Saison für die Play-offs der Conference League qualifiziert.
In der Hauptstadt herrschte bereits in den frühen Mittagsstunden Ekstase in Rot. Die Bayer-Fans stimmten sich am Hammarskjöldplatz ein, vor allem aus der Pfalz gab es eine regelrechte Völkerwanderung. Weit über 30.000 Fans der Roten Teufel sorgten bei bestem Wetter auf dem Breitscheidplatz und mit einem Fanmarsch für prächtige Stimmung – und die glücklichen Karten-Inhaber schließlich auch im Olympiastadion für Heimspielatmosphäre.
Ein überdimensionaler Teufel vor ausbrechenden Pyro-Vulkanen überragte beim Einlaufen den Ostblock – und auch Funkel versprühte Hoffnung. „Wir wollen einen Kampf liefern bis auf des Messers Schneide“, sagte der 70-Jährige vor seinem dritten Pokalfinale als Trainer bei Sky.
Sein 28 Jahre jüngerer Gegenüber Alonso rotierte im Vergleich zur ersten Saisonniederlage unter der Woche auf fünf Positionen, stellte Ausnahmespieler Florian Wirtz mit Patrik Schick und Jonas Hofmann geballte Offensivpower zur Seite. Auch Kossounou kam im Vergleich zum Mittwoch rein – und wurde vom Underdog als Schwachstelle ausgemacht.
Den ersten gefährlichen Konter der Lauterner, die in weißen Sondertrikots zu Ehren der kürzlich verstorbenen Vereinsikone Andreas Brehme spielten, konnte der ivorische Nationalspieler nur mit einem Foul stoppen, für das er früh die Gelbe Karte sah (3.). Kurz vor der Pause blieb Schiedsrichter Bastian Dankert nach einem Tritt gegen Boris Tomiak keine andere Wahl als der Platzverweis.
Zuvor bestimmte Bayer unter den Augen von Bundestrainer Julian Nagelsmann das Spielgeschehen. Erst wurden die Chancen von Schick (13.) und Wirtz nach einem klasse Solo-Lauf (15.) noch in letzter Not vereitelt, gegen den platzierten Schlenzer von Xhaka aus 20 Metern war FCK-Keeper Julian Krahl aber machtlos.
In der Folge machte Bayer mit der Führung im Rücken nicht mehr als nötig – und bekam mit dem Platzverweis die Quittung. Tobias Raschl verpasste kurz darauf nur knapp den Ausgleich (45.+3). „Bayer ist nervös“, sangen die Lautern-Fans – und tatsächlich schnupperte der Underdog an der Sensation.
Kurz nach Wiederanpfiff musste die Partie wegen Raketen und massig Pyro aus dem Lautern-Block wenige Minuten unterbrochen werden. Dann zwang der eingewechselte Ragnar Ache Hradecky zu einer Glanztat (62.), auf der Gegenseite verpasste Jeremie Frimpong die Entscheidung (75.).