Mehr als ein Dutzend Verhandlungstage seit Februar, über 50 Zeugen und überraschende Wendungen: lm Prozess um den getöteten sechsjährigen Joel aus Pragsdorf bei Neubrandenburg soll am Donnerstag das Urteil verkündet werden. Die Verhandlung fand wegen des Alters des 15-jährigen Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zur Urteilsverkündung sind Journalisten zugelassen.
Vorige Woche hatte ein umfassendes Geständnis des Jugendlichen für Überraschung gesorgt. Nach Aussage der Vertreterin von Joels Eltern, Rechtsanwältin Christine Habetha, sagte der Angeklagte – anders als bisher – aus, allein gehandelt zu haben.
Laut Anklage soll der damals 14-Jährige im vergangenen September Joel in einem Gebüsch am Bolzplatz in Pragsdorf mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer auf ihn eingestochen haben. Der Teenager hatte sich früheren Angaben zufolge in Widersprüche verstrickt, zudem wurde demnach seine DNA-Spur am Tatmesser gefunden. Dort, wo Joel starb, standen auch zuletzt noch Engelsfiguren, Erinnerungsstücke und Kreuze.
Anfang April hatte der Angeklagte nach langem Schweigen ein Teilgeständnis abgelegt und von einer Beteiligung eines anderen Menschen gesprochen, bei dem es sich nicht um den Bruder handelte. Dass die Staatsanwaltschaft auch gegen ihn Ermittlungen eingeleitet hatte, war kurz nach dem Prozessauftakt bekannt geworden.
Für Aufsehen hatte auch die Entscheidung des Gerichts gesorgt, den Angeklagten aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Es sah nach damaliger Aussage keinen Haftgrund. Die Staatsanwaltschaft legte Widerspruch ein, das Oberlandesgericht Rostock kassierte die Entscheidung.
Ursprünglich war der Jugendliche wegen Totschlags angeklagt. Nach Angaben Habethas hat die Staatsanwaltschaft aber auf Mord plädiert und fordert acht Jahre Jugendstrafe. Die Anwältin forderte die Höchststrafe von zehn Jahren, auch wegen Mordes und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger des Angeklagten habe auf Totschlag plädierte und sieben Jahre gefordert.