Julian Nagelsmann sagt Ja, die Fußball-Nation jubelt – der Projektarbeiter wird bei der Nationalmannschaft zur dauerhaften Wunschlösung. Der Bundestrainer gab dem sehnsüchtigen Werben des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach und setzte 56 Tage vor Beginn der Heim-EM seine heiß begehrte Unterschrift unter eine Vertragsverlängerung bis zur WM 2026. Damit erteilte der 36-Jährige seinem Ex-Verein Bayern München eine eiskalte Absage.
„Das ist eine Entscheidung des Herzens. Es ist eine große Ehre, die Nationalmannschaft trainieren und mit den besten Spielern des Landes arbeiten zu dürfen“, sagte Nagelsmann und fügte an: „Gemeinsam wollen wir jetzt eine erfolgreiche Heim-EM spielen, dafür brennen wir alle. Danach freue ich mich gemeinsam mit meinem Trainerteam sehr auf die Herausforderung einer Weltmeisterschaft.“
DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Sportdirektor Rudi Völler und Geschäftsführer Andreas Rettig hatten spätestens nach dem spektakulären Sieg bei Vize-Weltmeister Frankreich am 23. März (2:0) letzte Zweifel ad acta gelegt. Nagelsmann reizte allerdings auch die Rückkehr in die tägliche Arbeit bei einem Verein.
Die DFB-Verantwortlichen gingen voller Überzeugung „all-in“ für Nagelsmann, der aus ihrer Sicht alternativlos ist – und dieser entschied sich vorerst gegen eine wahrscheinlich noch lukrativere Rückkehr ins Tagesgeschäft. „Es ist ein starkes Signal für den DFB und die Nationalmannschaft, dass Julian Nagelsmann über die Heim-EM hinaus Bundestrainer bleibt. Denn er steht bei vielen großen Klubs in ganz Europa auf dem Wunschzettel. Aber die Nationalmannschaft ist für Julian Nagelsmann mehr als ein Job, sie ist ihm eine echte Herzensangelegenheit“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf und freute sich über die „Planungssicherheit“. Nun könnten sich alle „ganz auf ein erfolgreiches Abschneiden bei der Europameisterschaft konzentrieren“.
Zuletzt entzündete der Bundestrainer auch noch die lange vermisste Euphorie für ein Turnier, das ein Stimmungs-Flop zu werden drohte. Die Siege in Frankreich und gegen die Niederlande lassen auf ein Sommermärchen 2.0 hoffen. „Wir waren schon vor den jüngsten erfolgreichen Länderspielen absolut überzeugt von Julian Nagelsmann. Aber sie haben noch einmal gezeigt, welche Begeisterung Julian und seine Mannschaft in Deutschland wieder entfachen können“, sagte Sportdirektor Rudi Völler, der zuletzt ebenfalls bis 2026 verlängert hatte.
Nagelsmann hatte die Mannschaft im September von seinem Vorgänger Hansi Flick übernommen, in einem jämmerlichen Zustand, nach einem 1:4 gegen Japan in Wolfsburg. Völler schaffte als Interimslösung immerhin ein 2:1 gegen vollkommen lustlose Franzosen in Dortmund. Dann kam Nagelsmann, ging mit seinem neuen Team auf USA-Reise und startete stark.
Bald aber begann er zu mäandern, probierte aus, war unzufrieden, gab Vollgas in eine Richtung, bremste, gab Vollgas in die nächste Richtung. Nur ein Beispiel: Er wollte anfangs den vollen Fokus auf die Defensive haben, stellte dann allerdings fest, dass aus den Nationalspielern ohnehin „keine Verteidigungsmonster“ mehr werden würden. Plötzlich sollten alle Zauberfüße zusammenspielen, was gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2) blamabel schiefging.
Und wieder zurück, dachte sich Nagelsmann: Zu einem stabilen Gerüst und mehr „Workern“. Zum Coup wurde dann die Rückhol-Aktion mit dem 2014er-Weltmeister Toni Kroos, der wie erhofft sofort wieder wie ein Boss auftrat. Mit dem Arbeitstier Robert Andrich an seiner Seite und İlkay Gündoğan eine Position weiter vorn, eingebettet in ein Zauberer-Dreieck aus Florian Wirtz, Jamal Musiala und Kai Havertz.
Plötzlich schienen sich Blockaden zu lösen, Probleme zu verschwinden. Die DFB-Granden sahen es mit größtem Vergnügen. Sie legten Nagelsmann ein Angebot vor, das dieser nicht ablehnen konnte – oder wollte.