Das Ende 2023 vom Landtag beschlossene Tariftreuegesetz für Mecklenburg-Vorpommern trifft nicht nur bei den Wirtschafts-, sondern auch den Kommunalverbänden des Landes weiterhin auf Widerspruch. Das neue Gesetz löse bei den Kommunen Unverständnis aus, sagte der Vorsitzende des Städte- und Gemeindetags, Wismars Bürgermeister Thomas Beyer, am Mittwoch in Schwerin. In Zeiten mangelnder Personalressourcen, schwächelnder Konjunktur und entgegen der politischen Verlautbarung der „Entbürokratisierung“ erzeuge es vielmehr weiteren bürokratischen Aufwand, begründete der SPD Politiker die Ablehnung.
Der Kommunalverband erwartet in Kürze die Veröffentlichung der Verfahrensverordnung, mit der dann auch das Gesetz in Kraft trete. Demnach müssen Firmen, die sich um öffentliche Aufträge von Land oder Kommunen bewerben, ihren Beschäftigten Tariflöhne oder vergleichbare Löhne zahlen. Tun sie das nicht, folgt zwingend der Ausschluss aus dem Bieterkreis. „Wir halten das neue Tariftreue- und Vergabegesetz MV nicht für geeignet, unsere Kommunen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zu unterstützen, und empfehlen dringend die Beibehaltung der bestehenden Vergaberegeln“, mahnte Beyer.
Schon im Gesetzgebungsverfahren hatte der Städtetag Ende 2022 deutlich gemacht, dass er gegen die Umsetzung des von SPD und Linke in ihrem Koalitionsvertrag verankerten Vorhabens ist. „In Deutschland gibt es seit 2015 einen einheitlichen Mindestlohn. Für darüber hinaus gehende vergabespezifische Mindestlöhne ist bereits aus europarechtlicher Sicht kein Platz“, hieß es in der Stellungnahme dazu.
Der Landtag in Schwerin hatte im November nach kontroverser Debatte mit den Stimmen der rot-roten Koalition und der Grünen das Tariftreuegesetz verabschiedet. Betroffen sind öffentliche Aufträge etwa für Bauvorhaben und Reinigungsleistungen, an Sicherheitsdienste und Essensanbieter. Für Bereiche, in denen Tarifregelungen fehlen, wird ein Mindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde gefordert.
Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) hatte das Gesetz als „Meilenstein“ in der Gesetzgebung des Landes bezeichnet, der zu höheren Löhnen und fairem Wettbewerb führe. Mecklenburg-Vorpommern sei das Bundesland mit der geringsten Tarifbindung und dem niedrigsten Lohnniveau. Dies müsse sich ändern.
Sprecher der Opposition kritisierten die Lohnvorgaben als unzulässigen Eingriff in das Wirtschaftsgefüge und die Tarifautonomie. Die Wirtschaftsverbände sprachen von einem „Schlag ins Gesicht der Kleinst- und mittelständischen Wirtschaft in MV“. Rot-Rot schaffe neue Bürokratie für wenig bis gar keinen Nutzen, hieß es. Die Gewerkschaften hingegen begrüßten die neuen Regelungen, als „Beitrag zur dringend notwendigen Erhöhung des Entgeltniveaus im Land“.