Tempo, Wille, Spielwitz und am Ende ein bisschen Glück – Borussia Dortmund hat auf großer Bühne zu lange vermissten Tugenden zurückgefunden und zum ersten Mal seit drei Jahren das Viertelfinale der Champions League erreicht.
Mit dem 2:0 (1:0) über die PSV Eindhoven gelang dem im Bundesliga-Titelkampf bereits weit abgeschlagenen Team von Trainer Edin Terzić der erhoffte Vorstoß in den erlauchten Kreis des europäischen Fußball-Adels. Vor 81.365 Zuschauern im ausverkauften Signal Iduna trafen der in der Winterpause als Leihgabe von Manchester United verpflichtete Sancho (3. Minute) und Joker Marco Reus (90.+5) zum verdienten Sieg.
Drei Wochen nach dem 1:1 im ersten Duell mit dem niederländischen Spitzenteam bot der BVB vor allem im ersten Durchgang eine ansprechende Leistung und folgte dem FC Bayern als zweites deutsches Team in die Runde der letzten acht Teams. Der Erfolg, der im zweiten Durchgang noch arg in Gefahr geriet, bessert nicht nur das sportliche Renommee, sondern auch die Vereinskasse auf. Weitere Einnahmen in Höhe von mindestens 10,6 Millionen Euro aus dem Prämientopf der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sind garantiert. Zudem machte der Auftritt Mut für das nun anstehende schwere Bundesliga-Programm mit gleich fünf Spielen gegen Teams aus den Top 6.
„Mal wieder unter den besten Acht in Europa zu sein, wäre eine Aussage für den Klub“, hatte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl seine Hoffnung auf einen großen Königsklassen-Abend geäußert. Ein Vorhaben, das auch die in den letzten Wochen so wechselhaften BVB-Stars zunächst mit viel Engagement und Spielfreude klar verfolgten und im zweiten Durchgang mit Leidenschaft verteidigten.
Der souveräne Spitzenreiter der niederländischen Ehrendivision sah sich zunächst einem Dortmunder Dauer-Druck ausgesetzt, der früh belohnt wurde. Sancho ließ die BVB-Fans mit einem Schuss aus 18 Metern bereits in der dritten Minute jubeln und dokumentierte seine aufsteigende Form. Der Rückkehrer, der in Manchester nicht mehr zum Zug kam und bis Saisonende ausgeliehen ist, hatte bereits beim 2:1 in Bremen am Samstag getroffen.
In der Form könnte Sancho, der allerdings eine Viertelstunde vor Schluss angeschlagen vom Feld musste, in der Bundesliga beim schweren Restprogramm ein wichtiger Faktor im Kampf um die erneute Champions-League-Teilnahme werden. Wie auch Ian Maatsen, ein weiterer Winter-Neuzugang aus der Premier League, der nach 72 Sekunden den ersten Warnschuss abgegeben hatte.
Mit der Führung im Rücken legte der BVB weiter den Vorwärtsgang ein. Mehr Ballbesitz, mehr gewonnene Zweikämpfe und deutlich mehr Torchancen – die PSV, die in der heimischen Liga in 25 Spielen nur 13 Gegentreffer kassierte, hätte bereits früh deutlich zurückliegen können. Vor allem nach der Doppelchance durch Julian Brandt und Donyell Malen, als der argentinische Keeper Walter Benitez Schlimmeres verhinderte (16.). Malen, einst selbst im PSV-Trikot aktiv, vergab eine weitere gute Möglichkeit (26.). Das gefiel Eindhovens Trainer Peter Bosz bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte überhaupt nicht.
Offensiv fanden die Niederländer bis auf einen Schuss von Johan Bakayoko (31.) in der ersten Halbzeit kaum statt. Das lag auch daran, weil die BVB-Abwehr um Mats Hummels konsequent verteidigte. Der Weltmeister von 2014, der zuletzt in der Liga meist Ersatz war, stand auch aufgrund der Sperre von Nico Schlotterbeck zum achten Mal im achten Königsklassen-Spiel in der Startelf. Eine weitere Veränderung erforderte der Ausfall von Julian Ryerson, wodurch Niklas Süle auf die rechte Außenposition in der Viererkette rückte.
Hatte die BVB-Abwehr im ersten Durchgang noch alles unter Kontrolle, herrschte mit Beginn der zweiten Halbzeit plötzlich Alarmstimmung. Die PSV drehte mächtig auf und sorgte für einige brenzlige Szenen. Plötzlich waren es die Roten, die Ball und Gegner laufen ließen. Der eingewechselte Hirving Lozano, der einst bei der WM 2018 mit seinem 1:0-Siegtreffer für Mexiko den amtierenden Weltmeister Deutschland schockte, hatte mit einem Pfostenschuss Pech (53.).
BVB-Keeper Gregor Kobel stand immer mehr im Blickpunkt, wie auch beim Schuss von Bakayoko (71.). Pech hatten die Dortmunder, dass ein Tor von Niclas Füllkrug wegen Abseitsstellung nicht gegeben wurde (77.). So musste bis zum Schluss gezittert werden, ehe Reus alle erlöste.