Ein bislang vertraulicher Bericht des Wirtschaftsprüfers KPMG weckt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der aktuellen Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof.
Wie das Wirtschaftsportal Business Insider berichtet, sind die Prüfer zu dem Schluss gekommen, dass der Warenhauskonzern trotz der ausgebliebenen Millionen, die der Mutterkonzern Signa zur Rettung zugesagt hatte, nie wirtschaftlich bedroht gewesen ist. In anderen Worten: Galeria Karstadt hätte auch keine Insolvenz anmelden müssen.
Die konkrete Frage, die sich die KPMG-Prüfer gestellt haben, war, welche Folgen das Ausbleiben der zugesagten Finanzspritze von 50 Millionen Euro Anfang Februar für die längerfristige Liquidität hatte. Bei den 50 Millionen handelte es sich um die erste Tranche von insgesamt 200 Millionen Euro, die Signa-Chef René Benko im Rahmen der zweiten Insolvenz des Konzerns zugesagt hatte. War die geplatzte Finanzspritze wirklich der endgültige Todesstoß oder nicht?
Die Antwort der Prüfer: Nein. Die Folgen durch das Ausbleiben der Zahlung bei gleichzeitigem Einbehalten der Mieten für Signa-Immobilien seien für die Warenhauskette zu jeder Zeit überschaubar gewesen, heißt es offenbar in dem Bericht, der bereits im November erstellt wurde, bislang aber nicht bekannt war. Geschäft und Liquidität hätten sich auch ohne das zugesagte Geld erstaunlich gut gehalten.
Wie der Business Insider weiter zitiert, wäre die Liquidität im Februar von zuvor 175 Millionen auf 118 Millionen Euro gefallen, im März auf 109 Millionen. Schon danach wäre es wieder bergauf gegangen: Bis zum Mai wäre das Finanzpolster auf 127 Millionen Euro gestiegen, damit hätte sie dem üblichen Geschäftsverlauf entsprochen. Die fehlenden Benko-Millionen hätten demnach lediglich für eine Drei-Monats-Delle in den Finanzen gesorgt. Die kritische Liquiditätsschwelle liegt beim Konzern angeblich bei 90 Millionen Euro. Das bedeutet, das finanzielle Polster wäre komfortabel gewesen.
Die Prüfer thematisieren in ihrem Bericht lediglich gewisse Restrisiken bezüglich des Einbehaltens der Mieten. Deswegen empfahlen sie dem Vorstand, rechtlichen Rat einzuholen. Kontrolleure und Vorstand bei Galeria Kaufhof hätten überrascht auf das Ergebnis reagiert, heißt es weiter.
Noch kurioser wird es vor dem Hintergrund des erfolgreichen Weihnachtsgeschäfts. Dass der Konzern trotzdem am 9. Januar Antrag auf Insolvenz am Amtsgericht Essen stellte, passe nicht zusammen, räumen dem Bericht zufolge selbst Top-Manager des Konzerns ein. Sie befürchten nun, dass der Konzern gar nicht insolvenzfähig war. Im Raum steht gleichzeitig die Frage, warum das Gericht, wo der Antrag einging, nicht widersprach. Wurde gegebenenfalls nicht sorgfältig genug geprüft?
Merkwürdig sei nicht nur die Tatsache, dass Galeria zu keinem Zeitpunkt „überschuldet“ gewesen sei, wie der Konzern in einer offiziellen Stellungnahme behauptet, schreibt der Business Insider. Sondern auch die Tatsache, dass das Pleiteverfahren Wochen im Voraus vorbereitet wurde. Verantwortlich dafür schreibt den Angaben zufolge die Kanzlei McDermott Will & Emery. Ein Partner der Agentur gilt als enger Vertrauter von Signa-Gründer Benko.