Die deutsche Wirtschaft bewegt sich am Rande einer Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte von Oktober bis Dezember um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. In den vorangegangenen beiden Quartal hatte es noch zu einer Stagnation gereicht. Im Gesamtjahr 2023 gab das Bruttoinlandsprodukt damit um 0,3 Prozent nach. Damit blieb Deutschland zum Jahresende auch hinter Spanien, Italien und Österreich zurück.
Europas größter Volkswirtschaft droht eine Rezession, sollte sie im laufenden ersten Quartal zum zweiten Mal in Folge schrumpfen. Und nach Ansicht des IFO-Instituts dürfte die Wirtschaftsleistung von Januar bis Ende März um 0,2 Prozent sinken. „Damit würde die deutsche Wirtschaft in der Rezession stecken“, sagte IFO-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Und eine Besserung ist nicht in Sicht: „Derzeit sieht es so aus, als ob die deutsche Wirtschaft den Dämmerzustand zwischen Rezession und Stagnation nicht so schnell verlassen wird“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Das gewerkschaftsnahe IMK-Institut rechnet neuerlichen Jahresminus von 0,3 Prozent. „Es ist keine Trendwende in Sicht“, sagte dessen wissenschaftlicher Direktor Sebastian Dullien.
In nahezu allen Wirtschaftsbereichen klagten die Unternehmen über eine sinkende Nachfrage, während die dicken Auftragspolster aus der Corona-Zeit abgearbeitet seien und die hohen Zinsen bremsten. „Zusätzlich wird die Wirtschaft durch eine Reihe von Sonderfaktoren belastet“, sagte Wollmershäuser. Dazu zählten der hohe Krankenstand, die Streiks bei der Deutschen Bahn sowie der außergewöhnlich kalte und schneereiche Januar. Der IFO-Geschäftsklimaindex signalisierte zum Jahresstart eine beschleunigte Talfahrt: Das Barometer rutschte auf den schlechtesten Wert seit Mai 2020.
Ausgebremst wurde die deutsche Konjunktur Ende 2023 gleich von mehreren Seiten. Die hohe Inflation dämpfte die Kaufkraft der privaten Haushalte, die sich deshalb mit dem Konsum zurückhielten. Die Europäische Zentralbank (EZB) bekämpft die starke Teuerung mit dem höchsten Zinsniveau ihrer Geschichte. Das bekam die Baubranche besonders zu spüren: Sie erlitt einen Nachfrageeinbruch, da für viele potenzielle Häuslebauer der Traum von den eigenen vier Wänden wegen der teuren Finanzierungskosten platzte. Den Exporteuren wiederum machte die schwache Weltkonjunktur zu schaffen.
Die spanische Wirtschaft legte zwischen Oktober und Ende Dezember derweil stärker als erwartet zu. Binnen- und Auslandsnachfrage erwiesen sich als robust. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 0,6 Prozent, wie aus den Zahlen der nationalen Statistikbehörde INE hervorgeht. Im dritten Quartal war das BIP bereits um 0,4 Prozent gewachsen.
Das Wachstum bestätigt, dass die spanische Wirtschaft ihre Konkurrenten in der Eurozone leicht überflügelt hat. Für das gesamte Jahr verzeichnete die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ein Wachstum von 2,5 Prozent und gehörte damit zu den Spitzenreitern in den Industrieländern.
Italien – Europas Nummer drei – meldete für das letzte Quartal des Jahres sowohl bei der Industrie als auch bei Dienstleistungen und Exporten ein Wachstum. Unter dem Strich kletterte das BIP um 0,2 Prozent, wie die Statistikbehörde ISTAT berichtete.
In Österreich hat sich die Konjunktur derweil zum Jahresende stabilisiert. Wie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) in einer ersten Schätzung mitteilte, wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent. Zuvor war das BIP zwei Quartale in Folge geschrumpft, im zweiten Quartal um 1,1 Prozent und im dritten Quartal um 0,5 Prozent. Im gesamten Jahr 2023 ging die Wirtschaftsleistung damit um 0,7 Prozent zurück.
Die Industriekonjunktur zeigte nach einer Schwächephase von mehr als einem Jahr erste Anzeichen einer Bodenbildung. In der Bauwirtschaft ging es hingegen weiter hinab. Im Dienstleistungssektor gibt es weiter kein einheitliches Bild. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte stagnierte, jene des öffentlichen Sektors wurde leicht ausgeweitet.