Donnerstag, 28.November 2024 | 00:41

„Schrille Töne“ statt Aufklärung: Fußballfans vermissen kritischen Blick auf Polizeigewalt

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Der Dachverband der Fanhilfen hat die Innenministerkonferenz (IMK) für die Forderung nach effektiverer Bekämpfung von Gewalt in Fußball-Stadien durch die Profi-Vereine und die Deutsche Fußball Liga (DFL) heftig kritisiert. Die Organisation bezeichnete den Aufruf der Sportminister nach den Krawallen und Gewaltexzessen vergangenen Wochen als „sehr eindimensionale Sichtweise“ und warf den Politikern Voreingenommenheit bei der Bewertung der Situation vor.

Die klubübergreifenden Anhänger-Vereinigung vermisst in der IMK-Erklärung „eine kritische Aufarbeitung der Polizeieinsätze gegen Fußballfans“, wie Vorstandsmitglied Linda Röttig betonte. Die IMK habe sich von Populismus und den schrillen Tönen der Polizeigewerkschaften leiten lassen“. Röttig verlangte abschließend mit Blick ausschließlich auf die Polizei und deren Strategien von der IMK „ganz gezielte Maßnahmen zur Deeskalation“.

Die IMK hatte am Freitag zum Abschluss ihrer Herbstkonferenz in Berlin von DFL und Vereinen mehr Engagement bei der Eindämmung von Gewalt in Fußball-Arenen verlangt. „Es wird höchste Zeit, dass wir der kleinen gewalttätigen Minderheit in unseren Stadien konsequent die Rote Karte zeigen“, hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote von der SPD geäußert und die Haltung der Konferenz mit klaren Worten zusammengefasst.

Der Fan-Forscher Harald Lange hatte jüngst vor schärferen Maßnahmen gewarnt. „Wenn sich Hardliner bei der Polizei durchsetzen, dann werden wir tatsächlich eine Eskalation erleben. Die Idee, mit Law and Order eine Fankultur zu bändigen, ist zum Scheitern verurteilt“, sagte der 55-Jährige der Verlagsgruppe Rhein-Main. „Fankultur lebt eben auch von der Grenzüberschreitung.“

Diese will die Polizei aber nicht mehr hinnehmen, da die Einsatzkräfte zunehmend mit einer feindseligen Stimmung konfrontiert werden. „Aktuell erleben wir in Stadien eine geplante und abgesprochene Hass-Kampagne gegen uns Polizisten. Die Gewalttäter betreiben eine massive Täter-Opfer-Umkehr, obwohl einige Ultragruppierungen Hass, Hetze und Gewalt in die Stadien bringen“, klagte GdP-Chef Kopelke.

Außerdem rief die IMK die Sportministerkonferenz auf, für ihre nächste Sitzung die zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Polizei als Schwerpunkt auf die Tagesordnung zu setzen. Im Detail erwartet die IMK von den Klubs die Sicherstellung wirksamer Kontrollen an Stadioneingängen. Dazu hätten die Vereine die Richtlinien des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für bauliche und personelle Maßnahmen in den Stadien einzuhalten.

Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge soll in der Konferenz außerdem Kritik auch an dem Eindruck durch offizielle Mitteilungen aus dem Fußball-Lager aufgekommen sein, dass Polizei und gewalttätige Fans gleichwertige Gruppen verkörperten. Zuletzt war es in mehreren deutschen Stadien zu Auseinandersetzungen zwischen Fans und der Polizei gekommen. Ende November wurden bei der Erstliga-Begegnung zwischen Frankfurt und Stuttgart mehr als 200 Menschen verletzt. Angesichts von jeweils gut 100 Verletzten in beiden Lagern verurteilte die Eintracht Gewalt gegen Ordnungskräfte und die Polizei zwar scharf, forderte aber zugleich eine Aufarbeitung des Polizei-Einsatzes.

Damit die Lage nicht weiter eskaliert, rief der DFB beide Seiten zu einem respektvolleren Umgang miteinander auf. Der Verband sei daran interessiert, „dass Straftäter verfolgt werden, insbesondere, wenn sie den Fußball für ihre Zwecke ausnutzen.“ Dabei dürfe es aber „keine pauschale Kriminalisierung von Fans geben, genauso wenig wie eine Vorverurteilung polizeilicher Maßnahmen.“ Insbesondere der von FIFA und UEFA eigentlich verbotene, in Deutschland aber übliche Einsatz von Pfefferspray steht immer wieder im Zentrum der Kritik.

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