Mecklenburg-Vorpommern ist bei der Ostsee-Sturmflut am Wochenende nach Einschätzung von Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) vergleichsweise glimpflich davongekommen, muss aber mit Millionenschäden rechnen. „Wir haben großes Glück gehabt. Zwar gibt es Schäden an unseren Küstenschutzanlagen, sie haben aber voll ihre Funktion erfüllt. Wir haben keine Menschenleben zu beklagen, keine Verletzten und keine Kapitalwerte verloren. Das ist das Wichtigste“, betonte der für den Küstenschutz zuständige Minister am Sonntag bei einem Besuch der Gemeinde Wieck.
Der Tourismusort liegt auf der Boddenseite der Halbinsel Darß. Dort war am Samstag ein Hinterlanddeich auf etwa 30 Metern Länge gebrochen. Die Gefahren für die Dorfbewohner seien aber gebannt, sagte Backhaus. Zwar sank der Wasserspiegel wegen der nur schmalen Ostsee-Verbindung nur langsam, doch floss nach Angaben einer Kreis-Sprecherin kaum noch Wasser in Richtung Wieck. Dort waren 75 Häuser mit Sandsäcken gegen die Wassermassen gesichert worden. In Spitzenzeiten seien am Darß 85 Feuerwehrleute gleichzeitig im Einsatz gewesen. Am Sonntag setzten etwa 50 Einsatzkräfte die am Tag zuvor abgebrochenen Sicherungsarbeiten am Damm fort.
Hätte der Wind während des Sturms über der Ostsee auf Nord gedreht, wären laut Backhaus die Folgen für das Land weit schlimmer gewesen. Anders als in Schleswig-Holstein, wo in der Nacht zum Samstag bei stürmischem Ostwind teilweise die höchsten Wasserstände seit 100 Jahren gemessen wurden, falle das Ereignis in Mecklenburg-Vorpommern in die Kategorie eines zehnjährigen Hochwassers. Er gehe davon aus, dass spätestens am Montagabend eine erste Gesamtbilanz der durch die Sturmflut im Nordosten verursachten Schäden vorliegt. Das Kabinett werde sich dann auf seiner Sitzung am Dienstag damit befassen und beraten, welche Sofortmaßnahmen zu ergreifen seien.
Offenkundig sei, dass es in Küstenorten auf Rügen oder auch auf Usedom zum Teil erhebliche Schäden gebe. So wurde der Promenadenweg in Sassnitz zu großen Teilen von den gewaltigen Wassermassen zerstört. Selbst massive Steinblöcke wurden verschoben. Der Weg musste gesperrt werde. In Stahlbrode zwischen Stralsund und Greifswald richtete die Sturmflut erhebliche Schäden an den Hafenanlagen und den dort liegenden Schiffen an.
Zudem seien von Stränden und Dünen riesige Mengen Sand ins Meer gespült worden, sagte Backhaus. Zum Teil seien gefährliche Abbruchkanten entstanden. Deshalb appellierte der Minister an Strandbesucher, solche Gefahrenbereichen zu meiden. Die Verluste an Sand müssten mit gezielten Aufspülungen wieder ausgeglichen werden. Daher werde er sich umgehend mit dem für Küstenschutz zuständigen Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) in Verbindung setzen. „Ich werde ihn dringend bitten, aufgrund der aktuellen Lage bei uns in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein zusätzliche Mittel bereitzustellen“, kündigte Backhaus an.
Die jüngste Flut habe deutlich vor Augen geführt, dass Küstenschutz eine Daueraufgabe sei. Zudem müsse das Hinterland stärker in den Blick genommen, gefährdete Orte beispielsweise durch Riegeldeiche geschützt werden. „Und dann muss spätestens jetzt jedem klar sein, dass man eben nicht mehr überall bauen kann“, mahnte Backhaus.
Am Sonntag war in den Küstenregionen Mecklenburg-Vorpommerns das Hochwasser weitgehend abgeflossen. In Wismar etwa vermeldete das Portal PegelOnline nur noch 25 Zentimeter über dem normalen Wasserstand. In der Nacht zum Samstag waren dort Pegelstände von 1,55 Meter über dem Normalwert registriert worden. Weite Teile des Hafenareals standen unter Wasser.
Nach sturmbedingter Unterbrechung wurde der Fährverkehr zwischen Deutschland und Dänemark wieder nach dem gewohnten Fahrplan aufgenommen. Wie die Reederei Scandlines mitteilte, verkehren auf den Strecken Puttgarden-Rødby und Rostock-Gedser seit Samstag wieder regelmäßig Schiffe. Jedoch habe es auch am Sonntag in Puttgarden sowie in Rødby für Reisende noch Wartezeiten gegeben, die im Laufe des Tages aber überwunden werden sollten.