Viel Arbeit, wenig Glanz – Borussia Dortmund setzt den jüngsten Höhenflug nur in mühseliger Manier fort und erobert zumindest für eine Nacht die Bundesliga-Tabellenführung. Julian Brandt sorgt in seinem 300. Bundesligaspiel für den hart erkämpften Erfolg des BVB.
Siegtor trotz Jetlag – Julian Brandt hat Borussia Dortmund in seinem 300. Bundesligaspiel zumindest für eine Nacht an die Tabellenspitze geführt. Der Nationalspieler, vom BVB wie drei andere DFB-Kollegen mit dem Privatjet aus den USA abgeholt, erzielte beim 1:0 (0:0) gegen Werder Bremen in einem lange zähen Kampf den einzigen Treffer. Ein genialer Moment von Emre Can reichte aus, um die lange sehr solide verteidigenden Bremer vor 81.365 Zuschauern völlig zu entblößen. Der Kapitän spielte einen perfekten Schnittstellenpass auf Brandt, der den Ball elegant über Werder-Torhüter Michael Zetterer hob (67.).
Dagegen hält der Negativtrend der Bremer an. Nach der vierten Pleite in den vergangenen fünf Spielen rückt die Gefahrenzone näher. Das dürfte die Kritik an Trainer Ole Werner trotz der passablen Vorstellung verstärken. „Ein zähes Spiel“, sagte der frühere Bremer Niclas Füllkrug bei DAZN. „Da hätte es schon gut getan, wenn einer in der ersten Halbzeit drin gewesen wäre.“ Brandt habe das Tor „mit einem super Timing“ gemacht und „perfekt abgeschlossen“. Sein Jubiläum sei „schon relativ gut gelungen. Ich bin sehr happy und müde“, sagte Brandt nur kurz später bei DAZN: „Ich bin froh, wenn ich im Bett liege.“
Füllkrug hatte gegen seinen früheren Klub kaum Aktionen. Dortmund erspielte sich zwar über Marco Reus oder Donyell Malen Großchancen, war aber zu inkonsequent, bis Brandt kam. Der 27-Jährige ist der drittjüngste Spieler mit 300 Einsätzen in der Bundesligageschichte. Nur 64 Stunden nach dem Abpfiff des deutschen Duells mit Mexiko standen drei der vier deutschen Nationalspieler in der Dortmunder Startelf: Mats Hummels, Brandt und Füllkrug. Niklas Süle saß auf der Bank.
Füllkrugs viele Tore für Werder haben die Fans nicht vergessen: „Danke für Deinen Einsatz, Lücke“, stand vor dem Anpfiff auf einem Transparent der Bremer Ultras. Der Druck auf die alten Kollegen war sofort hoch: Malen gab den ersten Schuss ab (6.) – Zetterer, Ersatz für den verletzten Stammtorhüter Jiri Pavlenka, parierte. Auch ein Kopfball von Marius Wolf (7.) hätte das 1:0 bedeuten können. Die Bremer brachten zehn Minuten lang, so sie es denn überhaupt mal geordnet über die Mittellinie schafften, kaum einen Pass zum Mitspieler. Dawid Kownacki (11.) verstolperte die erste Konterchance – doch dabei wurde klar: Mit Schnelligkeit ließ sich gegen die hoch stehenden Dortmunder etwas ausrichten.
Werder wurde im Rahmen der arg begrenzten Möglichkeiten mutiger und stellte auch hinten mit einer Fünferkette bei gegnerischem Ballbesitz besser die Räume zu. Dennoch stand Reus am Ende der bis dahin besten BVB-Kombination allein vor Zetterer, schob den Ball aber wenige Zentimeter am Torpfosten vorbei (32.). Die Dortmunder waren klar überlegen, jedoch wie Malen (45./53.) im Abschluss unkonzentriert. Bremen spielte hingegen selbst aussichtsreichste Konter in 4:3-Überzahl ganz schwach aus (43.), Gregor Kobel im BVB-Tor schien sich beinahe zu langweilen.
Nach einer Stunde zogen die Gastgeber die Reihen um den Bremer Strafraum noch enger, langsam ging ihnen die Geduld aus. Auch das Publikum wurde unruhiger. Der vorderste Werder-Spieler lief den Dortmunder Aufbau nun erst 40 Meter vor dem eigenen Tor an, beim Verschieben der defensiven Ketten war höchste Konzentration geboten. Abwehrchef Marco Friedl und Anthony Jung, sein Partner in der Innenverteidigung, organisierten das weiterhin gut. BVB-Trainer Edin Terzić klatschte auffordernd in die Hände, es brauchte die eine zündende Idee: Sie kam von Emre Can.
Der Heber des zuletzt umstrittenen Mittelfeldspielers auf Brandt entblößte die Werder-Abwehr. Mit einem Lupfer über Zetterer veredelte er das Zuspiel und sorgte damit für die erlösende Führung der Borussia. In der Folge kam der BVB zu weiteren Top-Gelegenheiten, vergab allerdings erneut schlampig.