Samstag, 23.November 2024 | 18:36

Landtagswahl in Hessen CDU siegt deutlich, Schlappe für SPD und Faeser

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Für Hessens Ministerpräsident Rhein und die CDU bringt die Landtagswahl in Hessen eine deutliche Bestätigung. Innenministerin und SPD-Spitzenkandidatin Faeser fährt für ihre Partei eine deutliche Schlappe ein. Grüne und FDP verlieren ebenso, die AfD kann sich dagegen Hoffnungen auf den zweiten Platz machen.

Bei der Landtagswahl in Hessen ist die CDU stärkste Kraft geworden. Laut Hochrechnungen von ARD und ZDF vom Sonntagabend liegen die Christdemokraten von Ministerpräsident Boris Rhein deutlich vor dem Koalitionspartner Grüne, der SPD und der AfD, die sich ein knappes Rennen um den zweiten Platz liefern. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag steht auf der Kippe. Die Linke wird ihn voraussichtlich nicht schaffen.

Die CDU steigert sich demnach deutlich auf 34,9 bis 35 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin steuert mit 15,5 bis 15,6 Prozent (19,8) auf ein historisch schlechtes Ergebnis zu. Die mitregierenden Grünen verlieren und landen ebenfalls bei 14,9 bis 15,2 Prozent (19,8). Die AfD gewinnt deutlich hinzu und kommt auf 16,9 bis 17,2 Prozent (13,1).

Die FDP nimmt nach diesen ersten Zahlen mit 5,0 Prozent (7,5) nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde, ihr Einzug in den Landtag ist unsicher. Die Linke rutscht ab auf 3,2 bis 3,3 Prozent (6,3). Sie muss das Parlament in Wiesbaden voraussichtlich verlassen. Die Freien Wähler kommen auf 3,5 Prozent (3,0). Die Wahlbeteiligung wird mit 64,5 bis 65,5 Prozent angegeben – weniger als 2018 mit 67,3 Prozent.

Die CDU erhält laut den Prognosen 45 bis 52 Sitze im Landtag. Die SPD kommt auf 20 bis 23, die Grünen erreichen 19 bis 23 Mandate. Die AfD bekommt 20 bis 26 Sitze, die FDP 6 bis 8. Damit wäre eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine Große Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.

Angesichts des schlechtesten Abschneidens der SPD bei einer Landtagswahl in Hessen in der Geschichte des Landesverbands sprach Spitzenkandidatin Faeser von einem „enttäuschenden Ergebnis“. Als Spitzenkandidatin habe sie eine „besondere Rolle“ gehabt, sagte Faeser. „Mit dieser konnte ich euch leider nicht helfen“, bedauerte sie vor Anhängern. „Wir gewinnen Wahlen gemeinsam und verlieren sie gemeinsam“, sagte Faeser weiter. Sie dankte ihren Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern. „Wir stehen diesen Abend gemeinsam durch und auch die nächsten Wochen.“

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert stärkte nach Bekanntwerden der ersten Zahlen Faeser den Rücken. Ihre Autorität als Bundesministerin sei nicht beschädigt, sagte er. „Da kann ich auch für die gesamte Parteispitze sprechen.“ Es sei ein landespolitisches Votum gewesen. „Sie hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin“, betonte Kühnert. In der ARD sagte er: „Wir stehen zu Nancy Faeser, und zwar aufgrund der Bilanz, die sie vorzuweisen hat.“ Er verwies auf die Bemühungen zur Reform des europäischen Asylsystems sowie den Kampf gegen den Rechtsextremismus.

AfD-Spitzenkandidat Robert Lambrou kündigte in einer ersten Reaktion eine starke Oppositionsarbeit seiner Partei im Landtag an. Sehr viele Bürger in Hessen hätten zum ersten Mal AfD gewählt, sagte er. „Es ist ein enormer Vertrauensvorschuss, dem wir uns als würdig erweisen werden.“ Er freue sich auf die nächsten fünf Jahre im Landtag „mit einer ganz starken Stimme bürgerlich, konservativ, freiheitlich“.

Die hessische FDP-Vorsitzende Bettina Stark-Watzinger, die auch Bundesforschungsministerin ist, führte das Landtagswahlergebnis auch auf die Politik der Ampel-Koalition im Bund zurück. „Wir sehen natürlich, dass das Regierungshandeln aus Berlin auch auf die Landtagswahlen sich niederschlägt“, sagte Stark-Watzinger. „Alle drei Koalitionsparteien haben Einbußen hier in Hessen hinnehmen müssen.“ Die FDP-Politikerin betonte: „Wir haben Wahlkampf geführt in einer Zeit, in der die Frage des Migrationsthemas wirklich mit voller Wucht auch in den Wahlkampf gekommen ist.“ Das habe die politischen Ränder ein Stück weit stärker werden lassen.

Auch Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir führte das schwächere Ergebnis seiner Partei auch auf einen negativen Einfluss aus Berlin zurück. „Alle Parteien, die an der Bundesregierung beteiligt sind, hatten keinen Rückenwind“, sagte Al-Wazir. „Wir mussten bergauf kämpfen.“ Seinen Parteifreunden in Hessen bescheinigte Al-Wazir, einen „Superwahlkampf“ gemacht zu haben. „Natürlich“ hätten sich die Grünen im Land ein besseres Ergebnis gewünscht, sagte er.

Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen – meist recht harmonisch. Derzeit hat die Koalition eine Mehrheit von nur einem Mandat. Während CDU-Ministerpräsident Rhein sein Amt verteidigen wollte, strebte Rheins Stellvertreter und Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir an, zweiter Ministerpräsident seiner Partei zu werden – nach Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg.

Ziel von SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Faeser war es, die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung zu werden. Vor der Wahl hatte Faeser klargestellt, nur dann aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln, wenn sie Ministerpräsidentin wird. Die Schlappe der Sozialdemokraten macht das nun höchst unwahrscheinlich. Auch als Bundesinnenministerin könnte Faeser jetzt angezählt sein.

Rhein offen für Große Koalition
Umfragen vor der Wahl deuteten nicht auf eine echte Wechselstimmung im Land hin, zeugten aber auch nicht von großer Zufriedenheit mit der amtierenden schwarz-grünen Regierung. Ministerpräsident Rhein zeigte sich vor der Wahl offen für verschiedene Koalitionen. Das Bündnis mit den Grünen sei „sehr konstruktiv, sehr vertrauensvoll“. Er habe aber immer auch den Kontakt zur SPD gepflegt, es gebe „durchaus die eine oder andere Gemeinsamkeit“.

Ein klares landespolitisches Spitzenthema fehlte im Wahlkampf. Wichtig war aber auch in Hessen die Debatte um die Versorgung von Geflüchteten durch die Kommunen, die über Belastungen klagen. Bundesinnenministerin Faeser hatte jüngst verstärkte flexible Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen angekündigt. Ähnliche Forderungen kommen aus CDU und CSU seit Längerem. CDU-Ministerpräsident Rhein etwa fordert – anders als sein grüner Stellvertreter Al-Wazir – bundesweite Grenzkontrollen gegen illegale Migration.

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte waren in Hessen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu machen, davon mehr als 107.000 Erstwählerinnen und -wähler. Insgesamt hat das Bundesland in der Mitte Deutschlands mehr als sechs Millionen Einwohner.

Jeder und jede Wahlberechtigte hat zwei Stimmen – mit der einen wird eine Landesliste einer Partei oder Wählergruppe gewählt, mit der anderen wird in jedem Wahlkreis eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter direkt gewählt. Der Landtag besteht regulär aus 110 Abgeordneten, 55 werden im Wahlkreis und 55 aus Landeslisten gewählt. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate kann das Parlament am Ende auch mehr Mitglieder haben. In der laufenden Legislaturperiode sind es 137 Abgeordnete.

Gleichzeitig mit der Wahl in Hessen wird auch in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Die beiden Abstimmungen gelten als wichtiger Indikator für die bundespolitische Lage.

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