2:0-Führung, Chancenwucher – und dann der Schlag in die Magengrube in der Nachspielzeit: Im ausverkauften Olympiastadion ist für Union Berlin im historischen ersten Heimspiel in der Champions League ein Sieg Pflicht gegen Sporting Braga. Aber die Köpenicker verspielen den Vorsprung, lassen beste Möglichkeiten liegen. Es folgt der Schock.
Doppelpacker Sheraldo Becker hing wie versteinert auf der Bank, Urs Fischer schüttelte im Berliner Nieselregen nur noch fassungslos den Kopf. Selbst die aufmunternden Gesänge der über 70.000 Fans im Olympiastadion vermochten die Profis von Union Berlin an einem historischen Champions-League-Abend nicht zu trösten. Der Schmerz nach dem späten K.o. beim dramatischen 2:3 (2:1) gegen Sporting Braga saß tief.
„Zurzeit läuft viel gegen uns. Wir kriegen Gegentore, bei denen alles zusammenkommt“, sagte ein enttäuschter Kevin Volland nach der misslungenen Königsklassen-Heimpremiere bei DAZN: „Wir müssen sehr viel investieren, um das Glück wieder auf unserer Seite zu sehen.“ Einmal mehr fanden die Berliner keinen Ausweg aus ihrer Ergebniskrise, stattdessen kassierten sie wie bei der Auftaktpleite bei Real Madrid (0:1) in letzter Minute die nächste bittere Pleite.
Becker (30., 37.) erzielte zwar die ersten Unioner Champions-League-Treffer der Vereinsgeschichte, doch Sikou Niakate (41.), der Ex-Leipziger Bruma mit einem Traumtor (51.) und Andre Castro per Fernschuss (90.+4) crashten die Berliner Europapokal-Party – und sorgten für die sechste Pflichtspielniederlage in Folge bei den Köpenickern. Union steht mit null Punkten aus zwei Spielen in der schweren Gruppe C bereits mit dem Rücken zur Wand.
Fischer hatte vor der Partie noch Optimismus versprüht und auf die Fans gesetzt. „Da musst du dich freuen. Das Vertrauen ist im Moment nicht allzu groß, da braucht es den zwölften Mann“, sagte er – und die Anhänger der Eisernen taten von Beginn an ihr Bestes, um ihre kriselnde Mannschaft in der in Rot umdekorierten Heimstätte des Stadtrivalen Hertha BSC zu pushen.
Die Köpenicker drängten sofort nach vorne. Nach vier Minuten bebte das Olympiastadion erstmals, als Nationalspieler Robin Gosens aus kurzer Distanz zur vermeintlichen Führung einschoss – der Treffer wurde wegen einer Abseitsposition in der Entstehung aber wieder einkassiert.
Die Eisernen überließen dem Tabellenfünften der portugiesischen Liga in der Folge den Ball und lauerten auf Umschaltmomente. Kevin Behrens fehlte nach einem Fehler der Braga-Defensive auf dem Weg zum Tor die Schnelligkeit (19.), die Berliner wurden aber immer gefährlicher – und belohnten sich. Becker schob nach Pass von Alex Kral überlegt ein – ein historischer Treffer, der die Stimmung auf den Rängen überkochen ließ.
Und die Berliner machten weiter: Der starke Lucas Tousart verlängerte den Ball in den Lauf von Becker, der vor dem Tor erneut eiskalt blieb und zum 2:0 einschoss. Doch die Gäste antworteten prompt: Torhüter Frederik Rönnow konnte einen Abschluss nach einer Ecke nicht festhalten, Niakate staubte aus kurzer Distanz ab. Die Berliner retteten sich in die Pause.
Doch die Portugiesen erhöhten nach dem Seitenwechsel den Druck, der Ex-Leipziger Bruma traf mit einem sehenswerten Distanzschuss zum Ausgleich. Der Stimmung auf den Rängen tat das keinen Abbruch, das Spiel war nun komplett offen. Der eingewechselte Volland vergab aus kurzer Distanz die große Möglichkeit zur erneuten Führung (70.) – und läutete eine starke Schlussphase mit weiteren guten Chance ein. Doch Castro sorgte für den späten Schock.