Dienstag, 26.November 2024 | 07:35

Zu wenig Lehrer: MV stellt vermehrt Seiteneinsteiger ein

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Der bundesweite Mangel an Pädagogen überschattet auch den Schulstart in Mecklenburg-Vorpommern.

Zwar seien mit Beginn des neuen Schuljahres 617 Lehrerinnen und Lehrer neu eingestellt worden. Doch könne es an 11 der insgesamt 501 Schulen in öffentlicher Trägerschaft noch zu Schwierigkeiten bei der Absicherung des Pflichtunterrichts kommen, erklärte Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) am Dienstag in Schwerin. Mit der Zusammenlegung von Klassen und Kursen oder der befristeten Abordnung von Lehrern solle Unterrichtsausfall aber möglichst verhindert werden.

Nach sechs Wochen Sommerferien begann am Montag für die rund 164.600 Schülerinnen und Schüler in Mecklenburg-Vorpommern das neue Schuljahr. Darunter sind auch knapp 15.000 Erstklässler. Insgesamt etwa 20.000 Schüler besuchen eine Schule in privater Trägerschaft.

Nach den Worten Oldenburgs macht der Fachkräftemangel in Deutschland auch um die Schulen keinen Bogen: „Der Lehrkräftemarkt ist so gut wie leer gefegt“, konstatierte sie. Da alle Bundesländer Bedarf hätten, gebe es inzwischen einen regelrechten „Lehrkräftenotstand“. In Mecklenburg-Vorpommern seien aktuell 94 ausgeschriebene Stellen noch offen, 72 befänden sich im Bewerbungsverfahren. Um offene Stellen besetzen zu können, versuche das Land möglichst viele Referendare nach Abschluss des zweiten Staatsexamens zu halten, greifen immer häufiger aber auch auf Seiteneinsteiger zurück, sagte Oldenburg.

Von den in diesem Jahr bislang neu eingestellten 617 Lehrerinnen und Lehrern seien 386 ausgebildete Pädagogen. 231 Kräften fehle aber eine pädagogische Ausbildung. Mit 37,4 Prozent sei der Anteil dieser Seiteneinsteiger so hoch wie nie. Die erforderlichen pädagogischen Kenntnisse müssten diese berufsbegleitend erwerben. Laut Oldenburg stehen den Lehrkräften im Seiteneinstieg während der gut vierjährigen Qualifizierung erfahrene Mentoren zur Seite. Insgesamt seien in Mecklenburg-Vorpommern 13.720 Lehrkräfte beschäftigt, 11.700 davon an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft.

Kritik kam erneut von der Opposition im Landtag. Der CDU-Abgeordnete Torsten Renz warf Oldenburg vor, zu wenig gegen den Lehrermangel zu tun. Das neue Schuljahr habe begonnen, die alten Probleme blieben bestehen, neue kündigten sich an, doch die Bildungsministerin scheine selbst wenig Handlungsbedarf zu verspüren. „Ohne Seiteneinsteiger würde das System Schule in Mecklenburg-Vorpommern gar nicht mehr funktionieren“, sagte Renz. Es fehlten konkreten Maßnahmen, wie der Unterrichtsausfall insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern bekämpft werden solle. Laut Oldenburg fehlen gerade in diesem Bereich Pädagogen. Nach Überzeugung von Renz würde eine verringerte Unterrichtsverpflichtung das Land attraktiver machen für Lehrer.

Sabine Enseleit von der FDP warnte vor Qualitatsverlust bei der Wissensvermittlung. Zwar sei die vermehrte Einstellung von Seiteneinsteigern als Teil der Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels nachvollziehbar. Da viele aber keine akademischen Abschluss hätten, wachse die Gefahr, dass an den Schulen akademisch und pädagogisch ausgebildete Lehrkräfte rar werden. „Gerade an den Grund- und Regionalschulen benötigen die Lehrkräfte aber eine solide pädagogische Ausbildung“, mahnte Enseleit.

Die Grünen-Abgeordnete Jutta Wegner beklagte, dass die zentralen Probleme des Lehrermangels weiterhin nicht angegangen würden. „Klassen mit bis zu 30 Kindern, immer neue Aufgaben und eine mangelnde Ausstattung mit Materialien sind weder geeignete Arbeitsbedingungen noch Anreiz, diesen Beruf zu ergreifen“, kritisierte sie. Zudem sei es an der Zeit, die Lehrkräfteausbildung grundlegend zu reformieren. In Baden-Württemberg etwa werde ab dem kommenden Jahr ein dualer Modellstudiengang angeboten, in dem sich theoretische Studienelemente und praktische Phasen abwechseln.

„Die heutige Meldung aus dem Bildungsministerium, dass es mancherorts nur mit Mühe, beipielsweise durch Klassenzusammenlegungen, gelungen ist, die Kontingentstundentafel abzusichern, zeigt auf, wie groß die Not ist“, hieß es von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Mecklenburg-Vorpommern. Diese hatte zuletzt massive Kritik an der Landesregierung geübt. Nun habe Bildungsministerin auch öffentlich bekannt, dass sich das Land in einem Lehrkräftenotstand befinde. „Diese Deutlichkeit brauchen wir, um gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln, die es uns ermöglichen den Unterricht dauerhaft abzusichern“, betonte der GEW-Landesvorsitzende Nico Leschinski. Nach seinen Berechnungen fehlen strukturell mindestens 500 Lehrkräfte im Land.

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