Einen Tag nach der Protestaktion Hunderter Pflegebeschäftigter in Schwerin gegen Missstände in der Branche hat der Landtag mit breiter Mehrheit die Personalbemessung für Pflegeheime neu geregelt. Die bisherige Vorgabe, dass mindestens die Hälfte der Beschäftigten eine abgeschlossene Fachausbildung haben muss, entfällt. Die Mischung aus Fach- und Hilfskräften soll sich nun am jeweiligen Bedarf der Einrichtung orientieren.
Mit der Änderung werde eine neue bundesgesetzliche Regelung umgesetzt, die zum 1. Juli wirksam wird, sagte die Vorsitzende des Sozialausschusses, Katy Hoffmeister (CDU). Damit verbunden sei die Erwartung, dass mehr Hilfskräfte etwa bei körpernahen Leistungen in der Pflege eingesetzt werden können. Qualifizierte Fachkräfte könnten dann vermehrt spezielle Aufgaben und die Koordinierung übernehmen. „Insgesamt soll damit mehr Personal für die Pflege gewonnen werden“, erklärte Hoffmeister. Doch sei die Neuregelung der Personalbemessung nur ein Puzzleteil bei den nötigen und angestrebten Verbesserungen in der Pflege.
Den Angaben zufolge sind im Nordosten etwa 40.000 Menschen in Pflegeberufen tätig, rund 15.000 davon in Pflegeheimen. Die mit der neuen Personalbemessung verbundenen Mehrkosten werden laut Gesetzesbegründung von den Pflegekassen mit jährlich 74 Millionen Euro angegeben. Redner mehrerer Fraktionen warnten vor einer weiter steigenden Kostenbelastung für die Familien der in Heimen betreuten Pflegepatienten und mahnten eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung an.
Steffi Pulz-Debler (Linke) beklagte das weiter bestehende Lohngefälle in der Branche. So verdiene etwa eine Pflegekraft im Saarland monatlich 500 Euro mehr als in Mecklenburg-Vorpommern. Thomas de Jesus Fernandes von der AfD verwies auf den aktuellen Betreuungsschlüssel im Nordosten. Mit durchschnittlich etwa 2 Fachkräften je 10 Patienten liege Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich hinten. Das neue Gesetz mache den Beruf zwar attraktiver, bringe allein aber keine neuen Pflegekräfte, erklärte der Oppositionspolitiker.
Das Aktionsbündnis „Pflege in Not“ hatte am Montag bei seiner Protestveranstaltung in Schwerin eine unwirtschaftliche Finanzierung der ambulanten Pflege durch die Pflege- und Krankenkassen kritisiert. Pflegedienste im Nordosten kämen trotz aktueller Erhöhungen je nach Zusammensetzung der benötigten Behandlungspflege nur auf einen Stundensatz zwischen 35 und 40 Euro. Tatsächlich nötig seien 55 bis 60 Euro.
Landesweit nehmen laut Sozialministerium rund 123.000 Menschen in häuslicher Umgebung oder in Heimen Pflegeleistungen in Anspruch. Die Zahl der Patienten habe sich seit 2009 verdoppelt, Tendenz weiter steigend, hieß es.