Knapp zweieinhalb Stunden nach dem offiziellen Start der größten Luftwaffenübung seit Bestehen der Nato waren am Montagvormittag beim Manöver „Air Defender 2023“ auch über Rostocks Himmel die ersten Kampfjets zu hören und zu sehen.
Insgesamt hoben neun Eurofighter vom Fliegerhorst Laage ab, darunter zwei aus Italien. Deren taktische Aufgabe wurde nicht mitgeteilt, klar war aber: Der Rostocker Hafen ist bei der Übung ein Angriffsziel der nach Norden vorrückenden imaginären feindlichen Truppen.
An dem Luftwaffenmanöver nehmen unter deutscher Führung bis zum 23. Juni 25 Nationen sowie die Nato teil. Nach Angaben der Bundeswehr sind rund 10.000 Soldatinnen und Soldaten und 250 Flugzeuge beteiligt. Darunter sind 70 Maschinen aus Deutschland.
In Laage, knapp 40 Kilometer südöstlich von Rostock, ist das Taktische Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“ stationiert. Der Stützpunkt ist einer von vier Eurofighter-Standorten der Luftwaffe. Außerdem findet dort die Eurofighter-Ausbildung statt. Am Montag starteten in Laage laut Luftwaffe vier Jets vom Geschwader „Steinhoff“, drei vom Taktischen Luftwaffengeschwader 71 „Richthofen“ in Wittmund und zwei aus Italien. Einige Maschinen waren mit Zusatztanks ausgestattet. Die Einsätze dauerte eineinhalb bis zwei Stunden.
Der Auftakt zu „Air Defender“ war am Montag um 8.00 Uhr der Start eines Bundeswehr-Transportflugzeugs vom Typ A400M vom niedersächsischen Fliegerhorst Wunstorf. Zwei Stunden später folgte nach Angaben der Deutschen Luftwaffe der erste Kampfjet: Eine F-18 hob vom Fliegerhorst Hohn in Schleswig-Holstein ab. Bis 23. Juni sind 2000 Flüge geplant.
Trainiert wird die Verteidigung Deutschlands gegen den Angriff eines fiktiven östlichen Bündnisses. Die sogenannte OCCASUS-Allianz versucht den Rostocker Hafen in Besitz zu nehmen und nutzt dabei auch Sabotageaktionen und den Einsatz von Spezialkräften, die aus der Luft unterstützt werden. Die erste Idee für das Manöver entstand der Luftwaffe zufolge schon 2018, also vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022.
Es gehe bei dem Manöver vor allem darum, sich selbst die Verteidigungsfähigkeit zu beweisen, sagte der Chef der Deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, am Montagmorgen im Inforadio des RBB. Eine Provokation Russlands soll dabei vermieden werden. „Wir tun alles, damit es nicht eskalierend wirkt“, sagte der Generalleutnant. Als Beispiel fügte er hinzu: „Wir werden keine Flüge in Richtung Kaliningrad unternehmen.“ Kaliningrad ist eine russische Exklave an der Ostsee, die zwischen Litauen und Polen liegt.
Dass Deutschland diese Übung leitet, liegt laut Gerhartz zum einen an der zentralen Lage in Europa. Andererseits gebe es auch eine gewisse Erwartungshaltung an Deutschland in der Nato. „Wir zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen. Wir zeigen, dass wir etwas in die Hand nehmen.“
Von der Übung sind drei Lufträume in Deutschland direkt betroffen: über Teilen Norddeutschlands und der Nordsee, Teilen Ostdeutschlands und der Ostsee sowie Teilen Südwestdeutschlands.