Donnerstag, 28.November 2024 | 16:33

Bei Flüchtlingsthema auch Landesregierung in Pflicht

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Die Parteien im Schweriner Landtag blicken mit unterschiedlichen Erwartungen auf den für Mittwoch geplanten Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern in Berlin. So machten die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP bereits deutlich, dass sie von der rot-roten Landesregierung größere eigene Anstrengungen erwarten, um den Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen. „Es reicht nicht, mit dem Finger auf Berlin zu zeigen“, sagte CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow am Montag in Schwerin.

Er erneuerte die Aufforderung, die Kapazitäten in den Erstaufnahme-Einrichtungen Mecklenburg-Vorpommerns wie schon 2015 und 2016 spürbar zu erhöhen. „Mit einem solchen Puffer würde Kreisen und Kommunen mehr Zeit verschafft“, sagte Liskow zur Begründung. Die Widerstände gegen die Errichtung großer Sammelunterkünfte wie etwa in Upahl oder Greifswald kämen nicht von ungefähr.

FDP-Fraktionschef René Domke forderte eine bessere Integration etwa durch dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen und mehr Sprachkurse. Wie Liskow mahnte aber auch er an, die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern oder Straftätern konsequent umzusetzen. „Das löst zwar nicht alle Probleme, wäre aber ein wichtiges Signal“, sagte der FDP-Politiker. Die gemeinsame Abschiebehaftanstalt im Norden werde durch MV kaum genutzt. Domke erneuerte den Vorschlag, durch eine zentrale Koordinierungsstelle Rückführungen zu beschleunigen.

Der AfD-Abgeordnete Jan-Phillip Tadsen forderte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf, sich öffentlich für Transitzentren im Ausland einzusetzen, aus denen auch Zurückweisungen von Flüchtlingen durchgesetzt werden sollen. Die aktuelle Debatte um die Finanzierung der Flüchtlingskosten bezeichnete er als ein Ablenkungsmanöver „gegenüber der jetzt notwendigen Begrenzung“.

Unmittelbar vor dem Bund-Länder-Treffen hatten die Regierungschefs mehrerer Bundesländer mehr Geld vom Bund verlangt. Auch Schwesig forderte einen „starken Beitrag“ des Bundes bei der Finanzierung. Die Aufnahme einer so großen Zahl von Flüchtlingen könne nur in einem gemeinsamen Kraftakt von Bund, Land und Kommunen bewältigt werden, betonte sie. Außerdem erneuerte sie die Forderung nach Bereitstellung bundeseigener Immobilien für die Flüchtlingsunterbringung, da viele Kommunen an den Grenzen ihrer Aufnahmekapazität angekommen seien. SPD-Fraktionschef Julian Barlen erinnerte daran, dass Mecklenburg-Vorpommern eines von wenigen Bundesländern sei, in denen die Kommunen vollständig die Kosten der Unterkunft erstattet bekämen.

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Jeannine Rösler, schloss sich den Forderungen Schwesigs nach mehr Geld und zusätzlichen bundeseigenen Immobilien an. Zudem kritisierte sie die Regelungen zum Bleiberecht: „Völlig absurd wird es, wenn Geflüchtete hier in Deutschland ausgebildet und gut integriert sind und dann aus formellen Gründen abgeschoben werden“. Dass heute wieder über Grenzzäune und Abschiebelager an der EU-Außengrenze diskutiert werde, sei Folge einer falschen EU-Außen- und Flüchtlingspolitik.

Kritik an Vorschlägen für solche Abschiebelager kam auch von den Grünen. „Statt populistischer Debatten brauchen wir nachhaltige Integrationskonzepte, mehr Kapazitäten bei der Unterbringung und den Ausländerbehörden sowie einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt“, sagte die Abgeordnete Anne Shepley. Eine zusätzliche finanzielle Unterstützung durch den Bund sei daher dringend nötig.

Der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit einem anhaltenden Flüchtlingszustrom nach Deutschland und fordert deshalb mehr Geld vom Bund für den Ausbau der sozialen Infrastruktur. Die Fluchtursachen seien weiter da und eine Steuerung auf europäischer Ebene funktioniere nicht so wie gewünscht, sagte der Geschäftsführer des Kommunalverbandes, Andreas Wellmann. Die Menschen müssten weiter untergebracht und die Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten werden. Sozialwohnungen, Schulen und Kindergärten müssten gebaut werden. Der zusätzliche Aufwand müsse eine Gemeinschaftsleistung sein und der Bund die Kommunen dabei unterstützen.

Wellmann betonte, dass mit der Zuwanderung Chancen verbunden seien. Das zeige die Flüchtlingsbewegung aus Syrien von 2015/2016. Wie von Arbeitsmarktexperten damals vorhergesagt, sei in Mecklenburg-Vorpommern etwa die Hälfte der Syrer heute in Arbeit.

Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beantragten im Vorjahr in Mecklenburg-Vorpommern etwa 4700 Menschen Asyl. In den ersten vier Monaten 2023 waren es laut Amt 1800. Damit setzte sich die steigende Tendenz fort. Nicht eingerechnet sind Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die keinen Asylantrag stellen müssen. Nach Angaben des Innenministeriums befanden sich Ende 2022 knapp 23.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern.

An diesem Donnerstag ist die Flüchtlingspolitik auch Thema einer Aussprache im Landtag.

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