Pal Dardai kehrt als Trainer zu Hertha BSC zurück und erlebt ein Spiel zum Vergessen. Viel zu spät wachen seine Berliner gegen Werder Bremen auf. Noch schlimmer läuft es für Abstiegskampfkonkurrent VfL Bochum. Im eigenen Stadion geht die Mannschaft gegen Wolfsburg unter.
Hertha BSC – Werder Bremen
Neuer Trainer, alte Sorgen: Hertha BSC taumelt auch unter Rückkehrer Pal Dardai unaufhaltsam dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga entgegen. Die Berliner verloren am Samstag im ausverkauften Olympiastadion hochverdient mit 2:4 (0:2) gegen Werder Bremen und bleiben am Tabellenende stecken. Die Rettungsmission für Dardai in seiner dritten Amtszeit bei den Herthanern wird bei noch fünf verbleibenden Spielen immer aussichtsloser. Angreifer Marvin Ducksch (6./27./51.) entschied die Partie in Abwesenheit von Nationalstürmer Niclas Füllkrug (Wadenprobleme) mit einem furiosen Dreierpack im Alleingang für die Bremer, die bei bestem Frühlingswetter von rund 25.000 Anhängern in die Hauptstadt begleitet wurden und sich mit dem ersten Erfolg seit Ende Februar von den gröbsten Abstiegssorgen frei machten. Mitchell Weiser (61.) erhöhte für Werder, Jessic Ngankam (68.) und Dodi Lukebakio (79., Foulelfmeter) betrieben Ergebniskosmetik für Hertha.
Den Berlinern, die sich vor sechs Tagen von Sandro Schwarz getrennt hatten und nun seit sieben Spielen ohne Sieg sind, droht mehr denn je der erste Absturz in die Zweitklassigkeit seit elf Jahren. Der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt weiter drei Zähler. „Wenn ich eine Bitte nach oben habe, wäre das, vor 70.000 Zuschauern in Führung zu gehen“, hatte Dardai vor der Partie gesagt – doch der Wunsch des Ungarn zerplatzte bereits in der sechsten Minute. Nach einem Ballverlust von Lucas Tousart steckte Jens Stage den Ball clever durch auf Ducksch, der eiskalt zur frühen Führung einschob.
Die Herthaner versuchten, auf den frühen Nackenschlag zu reagieren, blieben aber im letzten Angriffsdrittel zu ungenau. Werder war das aktivere Team – und schlug in Person von Ducksch erneut zu. Christian Groß flankte von rechts und fand den 29 Jahre alten Angreifer, der ins lange Eck köpfte. Und Werder blieb dran, Maximilian Philipp schoss am langen Eck vorbei (29.), Trainer-Sohn Marton Dardai brachte seinen eigenen Keeper Oliver Christensen in Bedrängnis (30.) – die große Verunsicherung war den Gastgebern anzusehen. Ducksch verpasste kurz vor der Pause aus kurzer Distanz den Hattrick (41.).
„Zerreißt euch endlich für Hertha BSC“, hatten die Fans vor der Partie auf einem Banner gefordert – doch auch nach dem Seitenwechsel blieb die erhoffte Wende aus. Dardai brachte Agustin Rogel, Suat Serdar und Kevin-Prince Boateng neu in die Partie, doch die Schlagzeilen gehörten weiter Ducksch. Der Stürmer traf nach einer Flanke von Anthony Jung zur Entscheidung – sein erster Dreierpack in der Bundesliga. Weiser setzte sogar noch einen drauf, die Treffer von Ngankam und Lukebakio brachten ein wenig Berliner Hoffnung zurück.
VfL Bochum – VfL Wolfsburg 1:5 (0:3)
Im Schlussspurt um den Klassenerhalt droht dem VfL Bochum die Luft auszugehen. Die Westfalen unterlagen dem VfL Wolfsburg mit 1:5 (0:3) und stecken nach vier Spielen in Folge ohne Sieg wieder tief im Abstiegskampf. In der entscheidenden Saisonphase ist Bochum die Heimstärke abhanden gekommen: Nach zwischenzeitlich fünf Siegen in Folge hat der VfL vier der letzten fünf Partien im Ruhrstadion verloren.
Die effizient konternden Wolfsburger dürfen dagegen wieder von Europa träumen. Nach nur einer Niederlage in den letzten acht Spielen ist der sechste Tabellenplatz wieder ganz nahe. Mattias Svanberg (10./56.), Jakub Kaminski (21.), Patrick Wimmer (33.) und Luca Waldschmidt per Rebound nach verschossenem Foulelfmeter von Jonas Wind (77.) erzielten die Tore für die Niedersachsen, die ihren ersten Auswärtssieg in Bochum seit 2006 feierten. Bochums Defensive mit Torhüter Manuel Riemann half bei den Gegentoren tatkräftig mit. Dem eingewechselten Moritz Broschinski (68.) gelang nur noch der Ehrentreffer.
Bochum-Coach Thomas Letsch konnte nach Gelbsperre wieder auf Kapitän Anthony Losilla zurückgreifen, Wolfsburgs Trainer Niko Kovac musste auf Paulo Otavio verzichten, der sich beim 0:0 gegen Bayer Leverkusen einen Syndesmoseriss zugezogen hatte. Die Gastgeber setzten wieder auf ihr bewährtes Rezept: lange, hohe Bälle vor allem auf Mittelstürmer Philipp Hofmann, der für seine Offensivkollegen ablegen sollte. Die erste Chance entsprang einer solchen Aktion – nach langem Schlag von Danilo Soares scheiterte Simon Zoller an Torhüter Koen Casteels (7.). Die Wölfe versuchten es dagegen mit schnellen Ballpassagen – und hatten damit Erfolg: Eine Flanke von Wimmer verwertete Svanberg zum Führungstor.
Es ging mit hohem Tempo weiter: Iwan Ordez verpasste mit einem Kopfball knapp das Wolfsburger Tor (13.). Die Gäste konterten eiskalt: Wimmer setzte sich an der Mittellinie gegen zwei Bochumer durch, Felix Nmecha leitete weiter auf Kaminski, der Keeper Riemann keine Chance ließ. Pech hatte auf der Gegenseite Hofmann, der nur den Pfosten traf (25.). Wolfsburg erhöhte noch vor der Pause auf 3:0 – mit ein wenig Glück. Als der überragende Wimmer keine Anspielstation fand, zog er einfach ab, abgefälscht von Patrick Osterhage landete der Ball im Netz. Bochum war jetzt völlig von der Rolle, die Zuschauer reagierten ungehalten auf die zunehmenden Fehler. Doch als es in die zweite Halbzeit ging, feuerten 22.000 VfL-Fans ihr Team wieder geschlossen und lautstark an. Bochum drängte auf das erste Tor – doch nach dem 0:4 war die Luft endgültig raus.
1899 Hoffenheim – 1. FC Köln 1:3 (0:2)
Ausgerechnet gegen ihren bisherigen Lieblingsgegner hat die TSG Hoffenheim die Vorentscheidung im Abstiegskampf verpasst. Die Kraichgauer verloren 1:3 (0:2) gegen den starken 1. FC Köln und müssen wieder verstärkt um den Klassenerhalt bangen. Florian Kainz (18.) per Handelfmeter, Davie Selke (39.) und Jan Thielmann (90.+2) trafen für die Kölner, die nach 13 Ligaspielen ohne Sieg erstmals seit April 2015 wieder gegen die Kraichgauer gewinnen konnten. Kasper Dolberg (90.+4) erzielte das Ehrentor für die Gastgeber. Durch den Dreier baute der FC seinen Vorsprung auf Hoffenheim auf sechs Punkte aus. Nach dem starken Zwischenspurt mit 10 Punkten aus vier Partien kassierte die TSG einen herben Dämpfer.
Kurz vor dem Anpfiff mussten sich beide Mannschaften auf eine Änderung beim Schiedsrichter-Team einstellen. Der erst 27 Jahre alte Robin Braun (Wuppertal) kam zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz als Unparteiischer. Der eigentlich als 4. Offizieller vorgesehene Braun musste Benjamin Brand (Unterspiesheim) ersetzen, der eine allergische Reaktion erlitten hatte.
Die 30.150 Zuschauer in der ausverkauften Sinsheimer Arena, darunter rund 7000 FC-Fans, sahen in den ersten Minuten eine unterhaltsame Partie mit hohem Tempo. Kainz sorgte in der 11. Minute zum ersten Mal mit einem Schuss für Gefahr. Danach wurde es schwierig für Schiri Braun. Erst nach Videostudium entschied er zu Recht auf Strafstoß für Köln. TSG-Abwehrchef John Anthony Brooks hatte einen Schuss von Linton Maina mit der Hand abgeblockt. Kainz verwandelte souverän.
Auch nach dem Treffer blieben die Gäste die gefährlichere Mannschaft in einem Spiel mit extrem hoher Intensität. Selke scheiterte per Kopf an Oliver Baumann (32.), kurz darauf überwand der Stürmer den TSG-Torwart – der dabei wie Abwehrspieler Kevin Akpoguma keine gute Figur machte. Zu Beginn des zweiten Durchgangs drängten die Gastgeber auf den Anschluss. Angelinho gab einen ersten Warnschuss ab (48.), Ihlas Bebou vergab in aussichtsreicher Position (50.). In der 57. Minute konnte auch Andrej Kramaric nicht vollstrecken, gleich galt für Christoph Baumgartner (61.). Nachdem die Kölner diese Phase überstanden hatten, kontrollierten sie ab der 65. Minute das Spiel wieder. Der eingewechselte Steffen Tigges verpasste die Vorentscheidung (74.). Thielmann machte dann alles klar.