Beim Berliner Volksentscheid für eine strengere Klimapolitik votieren 442.000 Wahlberechtigte für das Anliegen. Zum Sieg reicht es aufgrund des Quorums jedoch nicht. Schlimmer für Initiatoren und Unterstützer aber ist: Den Ja-Stimmen stehen fast genauso viele Nein-Stimmen gegenüber.
Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat sich trotz des gescheiterten Volksentscheids für ehrgeizigere Klimaziele optimistisch gezeigt. „Wir lassen uns nicht aufhalten von den Kritikern und Nörglern. Lasst uns nicht vergessen, was wir hier möglich gemacht haben“, sagte Neubauer bei der Wahlparty des Bündnisses „Klimaneustart“. Der Entscheid ist gescheitert, da die nötige Mindestanzahl an Ja-Stimmen nicht erreicht wurde. Das Ergebnis sei keine Niederlage für die Klimabewegung, sondern eine Niederlage für alle Einwohnerinnen und Einwohner Berlins.
„Das ist erstmal eine richtige Zäsur für alle, die auf Lebensgrundlagen angewiesen sind“, betonte Neubauer. Dennoch müsse diskutiert werden, weshalb zahlreiche Menschen auch gegen den Volksentscheid gestimmt hätten. „Wir müssen nicht drum rumreden, ich finde es auch hart, sich zu überlegen, was passiert mit den Menschen, die heute Nein gestimmt haben. Wir kämpfen auch weiter für die Menschen, die heute mit Nein gestimmt haben.“
Das Bündnis „Klimaneustart“ wollte mit der Abstimmung eine Änderung des Berliner Energiewendegesetzes erreichen. Konkret sollte sich Berlin verpflichten, bis 2030 und nicht wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral zu werden. 442.210 Wahlberechtigte votierten für das Anliegen, 423.418 stimmten dagegen. Um die schärferen Klimaziele zu beschließen, hätte aber mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten dafür stimmen müssen, das wären rund 608.000 Ja-Stimmen gewesen.
Erzwungen hatte das Bündnis „Klimaneustart“ die Abstimmung mit einer viermonatigen Unterschriftensammlung im Vorjahr. Im Falle eines Erfolgs wäre das geänderte Gesetz beschlossen gewesen und in Kraft getreten. Dass sich die Zahl der Ja- und Nein-Stimmen am Ende etwa die Waage hielt, kam für viele überraschend. Vor dem Volksentscheid hatten eigentlich nur Befürworter in der Stadt stark mobilisiert und für ihr Anliegen geworben. Eine Gegenkampagne gab es nicht.
Die Initiatoren der Abstimmung äußerten sich enttäuscht über den Ausgang. „Es ist nicht nur ein Projekt von einer Initiative gescheitert, sondern das betrifft alle Menschen in Berlin. Es ist schade für alle Menschen in Berlin. Wir machen natürlich weiter, wir kämpfen weiter“, sagte Jessamine Davis vom Bündnis „Klimaneustart“.
Trotz des gescheiterten Volksentscheids will auch die absehbare Hauptstadt-Koalition aus CDU und SPD den Kampf gegen den Klimawandel zu einem zentralen Punkt ihrer Arbeit machen. „Wir wissen um die Dringlichkeit, auch wenn der Volksentscheid nicht die notwendige Zustimmung erfahren hat“, erklärte Berlins Noch-Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey. Das Land Berlin bekenne sich zum Klimaschutzabkommen von Paris. „Wir arbeiten dafür, dass Berlin schnellstmöglich vor 2045 klimaneutrale Stadt wird.“
Für die Berliner CDU sagte Generalsekretär Stefan Evers: „Berlin sagt Ja zum Klimaschutz – aber Nein zu falschen Versprechen. Die Berliner wissen: Dem Klima wäre mit unrealistischen Zielen oder unbezahlbaren Gesetzen nicht geholfen.“ Wichtig sei entschlossenes Handeln, um „unsere bundesweit ambitioniertesten Klimaziele“ schnellstmöglich zu erreichen.
CDU und SPD verhandeln nach der Wiederholungswahl über ein Regierungsbündnis für die Hauptstadt. Beide Parteien kündigten bereits an, in den kommenden Jahren mindestens fünf Milliarden Euro für mehr Klimaschutz in der Stadt ausgeben zu wollen.