Der Finanzminister von Mecklenburg-Vorpommern sieht weiter kein Fehlverhalten in der politischen Auseinandersetzung rund um die umstrittene Klimastiftung MV.
„Ich hätte sehr gerne früher kommuniziert und den ganzen Fall dargelegt“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Heiko Geue (SPD) am Freitagabend nach einer mehr als achteinhalbstündigen gemeinsamen Sitzung des Rechts- und Finanzausschusses des Landtags in Schwerin. Er sei jedoch durch das Steuergeheimnis gebunden gewesen.
Es habe zu keinem Zeitpunkt eine politische Einflussnahme gegeben, so Geue in der Sitzung. In Bezug auf die Vernichtung von Steuererklärungen der Stiftung durch eine Mitarbeiterin des Finanzamts in Ribnitz-Damgarten schlossen sich dieser Aussage auch Landesjustizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) und die für die Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft in Stralsund an. Bernhardt betonte mehrmals, dass sie lediglich die Fachaufsicht innehabe und sich nicht in Ermittlungen der Staatsanwaltschaften einmische.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft begründete das damit, dass die verantwortliche Mitarbeiterin die insgesamt drei Erklärungen den Ermittlungen zufolge erst vernichtete, als sie wusste, dass andere Beschäftigte der Behörde bereits Kopien angefordert hatten. Die Vernichtung habe dem Selbstschutz gedient, da die Steuererklärungen zuvor von ihr falsch abgelegt worden seien.
Auch Nachfragen der Abgeordneten auf Hinweise auf eine weitergehende Straftat im Zusammenhang mit diesem Vorfall wurden von den anwesenden Ministern und Behördenmitarbeitern verneint.
Die Frage, ob die Klimaschutzstiftung MV, die den Fertigbau der Gaspipeline Nord Stream 2 unterstützt hatte, Schenkungssteuer entrichten muss, ist Inhalt eines laufenden Rechtsstreits zwischen Stiftung und Land. Es geht um 9,8 Millionen Euro, also fast die Hälfte der durch Nord Stream 2 an die Stiftung überwiesenen 20 Millionen Euro. Laut Geue hatte das Finanzamt nach einer vorläufigen Prüfung zunächst eine Steuerbefreiung für möglich erachtet, diese Einschätzung später jedoch revidiert.
Geue hatte lange abgelehnt, sich detailliert zu Steuerfragen in Bezug auf die Stiftung zu äußern. Er verwies – wie auch am Freitag – auf das Steuergeheimnis. Dies gelte unabhängig vom Adressaten auch gegenüber anderen Mitgliedern der Regierung wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Ausnahmen seien nur in Fällen der nationalen Sicherheit, schwerer Wirtschaftskriminalität und schweren Verbrechen gegen Leib und Leben möglich, sagte er bei der Befragung im Ausschuss. Zwei Bitten des Finanzministeriums an die Stiftung zur Befreiung von der Verschwiegenheit sei diese erst Ende Februar 2023 „vollumfänglich“ nachgekommen.
Die Opposition im Landtag zieht in Zweifel, dass diese Argumentation greift. FDP-Fraktionschef René Domke verwies vor der Sitzung auf Aussagen des Stiftungsvorstands Erwin Sellering (SPD), dass dieser das Ministerium jederzeit vom Steuergeheimnis befreit hätte, wäre er danach gefragt worden. Die Aussagen passen Domke zufolge nicht zusammen. Nach der Sitzung teilte er mit: Die Aussage sei völlig unglaubwürdig, „die Ministerpräsidentin habe die Informationen zu den aktuellen Vorgängen erst aus der Landespressekonferenz erhalten“.
In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ äußerte sich auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zum Thema: „Es ist zu keinem Zeitpunkt im Vorfeld der Gründung der Stiftung über die Frage von Schenkungssteuer gesprochen worden. Das stand gar nicht im Raum“. Sie nahm Sellering in Schutz: Auch dieser hätte nicht behauptet, dass es eine solche Verabredung gegeben habe.
Darüber hinaus machte Domke bereits am Morgen klar, dass er eine Untersuchung der Vorgänge rund um die Klimaschutzstiftung MV durch den Bundestag für sinnvoll hält. Ihn interessiere, wie die Unterstützung des Pipeline-Projektes Nord Stream 2 durch die vom Land gegründete Stiftung auf Bundesebene bewertet wurde, sagte er. Dem im Landesparlament eingerichteten Untersuchungsausschuss fehle die Kompetenz, die Handlungen der Bundesministerien zu prüfen.
Aufgrund der internationalen Dimension des Pipeline-Projekts geht Domke davon aus, dass das Außenministerium in Berlin von dem Vorhaben des Landes in Kenntnis gesetzt wurde. Auch ob es eine Einordnung des Vorgangs durch den Verfassungsschutz oder Nachrichtendienste gab, ist aus Sicht des FDP-Politikers interessant.
Der Bau der Pipeline Nord Stream 2 wurde abgeschlossen, doch ging diese wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht in Betrieb.
Die CDU im Landtag sieht trotz der stundenlangen Sitzung des Gremiums noch keine abschließende Beantwortung der offenen Fragen: „Die Forderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach einem Sonderermittler sind berechtigter denn je“, teilte der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Marc Reinhardt, mit. Er forderte, dem bestehenden Untersuchungsausschuss im Landtag zusätzliche Fragen zur Beantwortung zuzuweisen.
Ähnlich unzufrieden zeigte sich der Finanzsprecher der AfD. „Der Untersuchungsausschuss hat jetzt umso mehr die Aufgabe, hier Aufklärung zu leisten und die Landesregierung hat inklusive ihrer Verwaltung die Plicht, hier uneingeschränkte Hilfe zu leisten, um weiteren Schaden vom Land abzuwenden“, so der Abgeordnete Martin Schmidt.