Julian Nagelsmann war auf 180. Erst stapfte der Bayern-Coach schnurstracks zum Schiedsrichtergespann um Tobias Welz, dann ließ er seiner Wut im Kabinengang freien Lauf. „Will der mich verarschen?!“, tobte Nagelsmann noch immer erzürnt über das umstrittene wie folgenschwere Blitz-Rot gegen Münchens Dayot Upamecano (8.). Nach über 80-minütiger Unterzahl verlor der Serienmeister 2:3 (1:1) bei Angstgegner Borussia Mönchengladbach, die Bundesliga-Tabellenführung ist in akuter Gefahr.
„Das kann mir keiner erzählen, dass das eine Rote Karte ist. Auch Schiedsrichter machen Fehler, aber dann muss man dazu stehen“, schimpfte Nagelsmann, als er sich bei Sky wieder besser im Griff hatte, über die Szene mit Upamecanos vermeintlicher Notbremse. Im Kabinengang hatte laut übereinstimmender Medienberichte noch gewütet und nach einem kurzen Besuch in der Schiedsrichterkabine diese allem Anschein nach als „weichgespültes Pack“ beleidigt.
„Natürlich ist das eine entscheidende Situation im Spiel“, klagte auch Torhüter Yann Sommer nach seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte, die schnell ungemütlich wurde. Denn in der 8. Minute entschied sich der Keeper, bei einem Steilpass auf Alassane Pléa im Tor zu bleiben und sich auf seinen Abwehrchef Upamecano zu verlassen. Der Vize-Weltmeister hatte im Laufduell das Nachsehen, er touchierte seinen französischen Landsmann bei hohem Tempo vor dem Strafraum und kassierte nach langer Überprüfung durch den Videoassistenten den Platzverweis.
Für Nagelsmann eine unbegreifliche Entscheidung: „Man sieht, dass sich Pléas Schulter nicht bewegt!“ Lars Stindl (13.), Jonas Hofmann (55.) und Marcus Thuram (84.) belohnten danach die frechen Borussen, die Tore von Eric Maxim Choupo-Moting (35.) und Mathys Tel (90.+3) genügten den Gästen beim Kraftakt in Unterzahl vier Tage nach dem 1:0-Statement bei Paris St. Germain nicht.
Für Nagelsmann wird die Borussia zunehmend zum Trauma: Auch sein fünftes Spiel als Trainer der Münchner gegen Gladbach konnte er nicht gewinnen. Am Sonntag droht nun der Verlust der Tabellenführung an Union Berlin – ehe es eine Woche darauf in München zum Gipfeltreffen mit den Eisernen kommt.
Wenig später twitterte der nicht mehr ganz so erregte Nagelsmann dann um Verständnis werbend: „Emotionen gehören zum Sport dazu“, jedoch „muss ich mich für die Wortwahl gegenüber dem Team rund um Tobias Welz entschuldigen. Da bin ich leider eindeutig zu weit gegangen.“