Donnerstag, 28.November 2024 | 00:27

Tradition im Wandel der Zeit: Deutsche stellen Weihnachtsbäume immer früher auf

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Ob Paradies-, Christ- oder Tannenbaum: Die mit Kugeln, Sternen und Figuren dekorierten Nadelbäume sind an Weihnachten nicht mehr wegzudenken. Den Titel „Evergreen der Herzen“ hat sich das Gewächs also redlich verdient. Doch früher war nicht nur mehr Lametta, sondern auch später Schmücken angesagt.

O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie früh sind deine Käufer: Millionen Haushalte in Deutschland stellen den Weihnachtsbaum heutzutage viel zeitiger auf als dies hierzulande in vergangenen Jahrzehnten Tradition gewesen ist. Schon Wochen vor dem Fest stehen Lichterbäume heutzutage nicht mehr nur auf Weihnachtsmärkten, in Geschäften, Büroräumen oder öffentlichen Foyers, sondern auch in Wohnzimmern, also guten Stuben.

„Früher war das letzte Wochenende vorm Fest bei den meisten der Termin, an dem man den Baum kaufte, jetzt ist es eher der Zweite oder Dritte Advent“, sagt Eberhard Hennecke vom Bundesverband der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger (BVWE) der Deutschen Presse-Agentur. „Das letzte Jahrzehnt hat diesen Trend intensiviert und richtig in Fahrt gebracht, also dass man sich sehr früh den Weihnachtsbaum holt und auch früh entsorgt“, ergänzt Hennecke, erster BVWE-Vorsitzender. Deutschland passt sich in gewisser Weise vielleicht auch nur internationalen Bräuchen an. In den USA zum Beispiel stellen viele den Weihnachtsbaum schon kurz nach Thanksgiving auf.

Während der Christbaum noch in den 80ern, 90ern und Nullerjahren in der Bundesrepublik vornehmlich bis zum Dreikönigstag, also dem 6. Januar, stehenblieb, werde er heute oft schon zwischen den Jahren oder kurz nach Silvester entsorgt, sagt Hennecke, der in seinem Forstproduktebetrieb seit mehr als 30 Jahren Weihnachtsbäume anbaut. In den 70ern war Aufstellen und Schmücken des Tannenbaums an Heiligabend wohl noch Normalfall und wichtiger Programmpunkt. In Loriots Sketchfolge „Weihnachten bei Hoppenstedts“ von 1978 sagt der Vater (Heinz Meier) jedenfalls: „Jetzt wird erst der Baum fertig geschmückt, dann sagt Dicki ein Gedicht auf, dann holen wir die Geschenke rein, dann sehen wir uns die Weihnachtssendung im Ersten Programm an, dann wird ausgepackt, und dann machen wir’s uns gemütlich…“

Aktuell ergab eine Umfrage des Portals „Statista“, dass nur noch 12 Prozent der Weihnachtsbaumkäuferinnen und -käufer bis zum 24. Dezember warten, um den Baum aufzustellen. Mehr als die Hälfte der Befragten stellt den Baum dagegen schon Anfang bis Mitte Dezember auf. 33 Prozent der Befragten platzieren und schmücken den Tannenbaum „wenige Tage vor Heiligabend“.

Weihnachtsbaum-Erzeuger Hennecke in Sundern im Hochsauerland sagt: „Früher gab es in der Adventszeit mehr Geduld, heute lebt man wochenlang in das Weihnachtsfest hinein.“ Außerdem habe die Corona-Pandemie und die Politik der Kontaktbeschränkungen in den letzten Jahren bei vielen den Wunsch nach einem heimeligen Zuhause bestärkt und auch dazu geführt, es sich rechtzeitig mit einem Baum in kleiner Gemeinschaft schön machen zu wollen. Da es weiterhin offensichtlich schwierige Zeiten gebe, sehe er kein Ende dieses Bedürfnisses, sagt Hennecke.

Erst kürzlich ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur, dass mehr als die Hälfte der Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Jahr angesichts der hohen Energie- und Lebensmittelpreise weniger rund um Weihnachten ausgeben möchte. Dazu gehöre neben der Überlegung, weniger Geld in Geschenke oder Essen zu stecken, auch der Vorsatz, 2022 auf einen Weihnachtsbaum zu verzichten oder zumindest ein kleineres Exemplar zu kaufen.

Die Baum-Preise für Weihnachtsbäume bleiben dieses Jahr wohl ungefähr auf Vorjahresniveau. Allerdings könnte sich das 2023 ändern, unter anderem weil Personal fehle und mehr und mehr Erzeuger aufhören könnten. Bislang ist Deutschland der größte Weihnachtsbaumproduzent in Europa. Jedes Jahr werden etwa 27 Millionen Weihnachtsbäume in Deutschland verkauft bei einem Umsatz zwischen 500 und 550 Millionen Euro.

Paradiesbaum: Im Ursprung geht der Weihnachtsbaum zurück auf das Paradiesspiel, das im Mittelalter vor dem weihnachtlichen Krippenspiel aufgeführt wurde. Als Paradiesbaum nahm man einen Tannenbaum, weil er im Winter noch grün war. An die Zweige hängte man rote Äpfel, aus ihnen entwickelten sich die Christbaumkugeln.

Zuckerbaum: Die mittelalterlichen Zünfte übernahmen den Paradiesbaum und funktionierten ihn im Laufe der Zeit zu einem mit Süßigkeiten behangenen Gabenbaum um. Nach dem Fest wurde dieser „Zuckerbaum“ von den Kindern „abgeblümelt“.

Lichterbaum: Der evangelische Adel besetzte den bis dahin unbeleuchteten Baum im 17. Jahrhundert mit Kerzen. Die Gaben wurden nun unter den Baum gelegt. Mit der Zeit wurde der Lichterbaum auch vom protestantischen Bürgertum übernommen und bis nach Amerika exportiert. In England sorgte der deutsche Gemahl Queen Victorias, Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), für die Verbreitung des Baumes.

Christbaum: Die Katholiken standen dem Brauch lange skeptisch gegenüber, noch 1896 verspottete ein katholischer Pfarrer den Protestantismus als „Tannenbaum-Religion“. Erst nach 1900 war der Baum in allen Schichten und Konfessionen voll akzeptiert und wurde nun öfter auch Christbaum genannt.

O Tannenbaum: Auch eines der bekanntesten Weihnachtslieder ist dem Christbaum gewidmet: „O Tannenbaum“ geht auf ein schlesisches Volkslied aus dem 16. Jahrhundert zurück.

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