Donnerstag, 28.November 2024 | 16:51

Regierung: Erneuerbare Energien beschleunigen

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Die Energiekrise infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat der Energiewende in Deutschland neuen Schub gegeben. Die Ökostrom-Produktion erhält gesetzlich Vorfahrt. Diese Botschaft soll nun auch in den Planungsbehörden Mecklenburg-Vorpommerns ankommen.

Dem Genehmigungsstau beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Mecklenburg-Vorpommern sagt die Landesregierung nun auch behördenintern den Kampf an. In einem gemeinsamen Schreiben von Wirtschafts- und Umweltministerium werden die Ämter für Raumordnung sowie für Umwelt ermahnt, die geänderten Bundesgesetze konsequent umzusetzen. „Die in Paragraf 2 des EEG zum Ausdruck gebrachte grundsätzliche Priorisierung zugunsten der erneuerbaren Energien bedeutet eine grundlegende, neue gesetzgeberische Weichenstellung“, heißt es in dem von den Staatssekretärinnen Ines Jesse und Elisabeth Aßmann unterzeichneten Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Darin zitieren die Verfasserinnen aus dem geänderten Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG): „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.“ Nach dem Willen des Gesetzgebers müsse somit im Falle einer Abwägung das besonders hohe Gewicht der erneuerbaren Energien berücksichtigt werden und solle nur in Ausnahmefällen hinter Belangen etwa des Denkmalschutzes oder des Naturschutz-, Bau- oder Straßenrechts zurückstehen, heißt es in dem Schreiben.

Eine Kehrtwende in den Genehmigungsbehörden hält Johann-Georg Jaeger, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE MV), für längst überfällig. „Jahrelang wurden die Behörden darauf trainiert, ausstiegsorientiert zu arbeiten. Aus Sorge vor Klagen gegen Windräder wurde im Zweifel gegen das Projekt entschieden“, konstatiert Jaeger. Zudem seien Verfahren unnötig in die Länge gezogen worden, weil Gegner immer wieder neue Gründe vorgebracht hätten, die wiederum langwierige Untersuchungen nach sich zogen.

Als Beispiel nannte Jaeger den Vogelschutz, mit dem etwa in der Planungsregion Nordwestmecklenburg die Ausweisung neuer Gebiete für Windparks verzögert worden sei. Es gelte unvoreingenommen abzuwägen zwischen dem Nutzen von Ökostrom, der unverzichtbar sei, um sich von Energieimporten unabhängiger zu machen und um die Klimaziele zu erreichen, und realen Nachteilen für die Vogelwelt. „Obwohl sich im Land ja schon einige Windräder drehen, nimmt die Zahl der Seeadler zu und auch beim Rot-Milan geht die Entwicklung nach oben“, so Jaeger.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Hannes Damm bescheinigt den Behörden im Land beim Ausbau der Windkraft „eine verheerende Zwischenbilanz“. Lediglich über ein Drittel der seit 2015 eingereichten Anträge sei bislang entschieden worden. „190 Verfahren mit insgesamt mehr als 800 Windrädern sind noch offen. So stehen derzeit mehr als 4 Gigawatt erneuerbare Windenergie – was der Leistung von vier Kohle- oder Atomkraftwerken entspricht – im buchstäblichen Genehmigungsstau“, moniert der Oppositionspolitiker.

Mit durchschnittlich 38 Monaten dauere die Bearbeitungszeit in Mecklenburg-Vorpommern deutlich länger als im Bundesdurchschnitt. Damm fordert mehr Personal in den zuständigen Behörden für eine zügigere Bearbeitung. Zudem solle das Land dem Beispiel Schleswig-Holsteins folgen und die derzeit noch bei den vier Regionalverbänden angesiedelte Windenergieplanung umgehend auf die Landesebene holen.

Das hat Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) angesichts der enormen Planungsrückstände bereits in Erwägung gezogen. Doch scheut er bislang noch die offene Konfrontation mit den Kommunalverbänden und setzt auf die Wirkung der neuen Gesetze. „Der Bund gibt uns mit den geänderten Erneuerbare-Energien-Gesetz sowie dem Wind-an-Land-Gesetz und dem Wind-auf-See-Gesetz Rückenwind. Wir haben jetzt quasi einen gesetzlichen Vorrang für Erneuerbare Energien. Den gilt es zügig umzusetzen“, mahnt der Minister zu Eile. Das gemeinsame Schreiben des Wirtschafts- und Umweltministeriums sei „eine Hilfestellung“ für die Mitarbeiter in den zuständigen Behörden, um die neue Rechtslage angemessen anwenden zu können.

Noch für Oktober hatte Meyer nach Gesprächen mit den kommunalen Verbänden eine Entscheidung angekündigt, wohin die Reise gehe. Erste Änderungen wurden bereits veranlasst. So gelte im Bereich der Solaranlagen für Verfahrensbeteiligte eine Vier-Wochen-Frist, sagte Meyer. Liege die Stellungnahme bis dahin nicht vor, gelte das als Zustimmung.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windkraft-Nutzung, war in den zurückliegenden Jahren in Mecklenburg-Vorpommern drastisch zurückgegangen. Nach Erhebungen des Beratungsunternehmens Windguard wurden im ersten Halbjahr 2022 im Nordosten lediglich 30 Megawatt an Windenergie-Kapazität zugebaut. Im Nachbarland Schleswig-Holstein, mit 233 Megawatt Netto-Zubau Spitzenreiter in Deutschland, war es im gleichen Zeitraum ein Vielfaches. Laut Wirtschaftsministerium waren zum Ende des vergangenen Jahres in Mecklenburg-Vorpommern 1847 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 3524 Megawatt an Land installiert. Von derzeit 0,8 Prozent soll die als Windeignungsgebiete ausgewiesene Landesfläche bis 2027 auf 1,4 Prozent steigen, bis 2032 auf 2,1 Prozent.

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