30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an diesem Donnerstag an die Ereignisse erinnern. Begleitet wird er von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
Vom 22. bis zum 26. August 1992 hatten Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulustiger die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teils in Brand gesetzt. Die Polizei bekam die Lage nicht unter Kontrolle. Die Ausschreitungen gelten als die bis dahin schlimmsten rassistischen Übergriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Steinmeier will am Donnerstag mit Schülern und Anwohnern sprechen, einen buddhistisch-vietnamesischen Tempel besuchen und am Abend bei einer Gedenkstunde eine Rede im Rostocker Rathaus halten.
In der Stadt selbst werden Workshops, Filme, Ausstellungen und Foren veranstaltet. Die Erinnerung müsse wach und präsent gehalten werden, damit sich ein „solch fürchterliches Pogrom“ nicht wiederhole, sagte der amtierende Oberbürgermeister Steffen Bockhahn (Linke). Er hatte kürzlich betont, es gebe sicher weit mehr als eine Erklärung für das, was damals in Lichtenhagen passiert sei. Vieles müsse auch in der Zeit und den Umständen von damals gesehen werden. „Man wird feststellen, dass es eine Katastrophe mit Ansage war, die dadurch aber nicht zu entschuldigen ist. Was Ende August 1992 passiert ist, ist durch nichts zu entschuldigen.“
Zahlreiche Bundespolitiker haben sich zu dem Jahrestag geäußert, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er forderte die Bürger auf, jeden Tag gegen Hetze und Rassismus zu kämpfen. Die damaligen Angriffe nannte er eine „schreckliche Tat“.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby forderte eine Aufarbeitung der Geschichte der DDR-Vertragsarbeiter. „Gerade im Fall von Rostock-Lichtenhagen ist der Umgang mit den Opfern für mich bis heute ein Skandal“, sagte Diaby dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). „Viele von ihnen wurden nach Vietnam abgeschoben. Eine Lehre daraus kann sein: Wir sollten eine aktive Erinnerungskultur zur Geschichte der Vertragsarbeitnehmer in der DDR fördern, das ist bisher schlicht ein blinder Fleck.“