Relegation gedreht, Liga gerettet: Hertha BSC hat den Hamburger SV aus allen Bundesliga-Träumen gerissen und bleibt erstklassig.
Der Hauptstadt-Klub um seinen schillernden Trainer Felix Magath siegte im Relegationsrückspiel beim HSV verdient mit 2:0 (1:0) und verlängert damit die Leidenszeit der Norddeutschen in der 2. Liga. Dedryck Boyata mit einem wuchtigen Kopfball nach einer Ecke (4.) und Marvin Plattenhardt per Freistoß-Schlenzer (63.) trafen für die Hertha. Lucas Tousart sah noch die Gelb-Rote Karte (90.+6). Magath baute damit auch persönlich eine beachtliche Serie aus: In seiner jahrzehntelangen Karriere stieg der 68-Jährige zwar 2014 mit Fulham aus der Premier League ab, aber noch nie aus der Bundesliga.
Zudem erwies sich der Trainerfuchs an seiner alten Wirkungsstätte vor 55.000 Zuschauern im Volksparkstadion als echter Partycrasher. Während beim HSV nach dem 1:0-Hinspielsieg schon alles für eine rauschende Wiederaufstiegsfeier bereitstand, verhinderten die Berliner mit einem leidenschaftlichen Auftritt den siebten Abstieg der Klubgeschichte im letzten Moment. „Es ist wie, als wenn wir Meister geworden wären. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, schwärmte Kevin-Prince Boateng bei Sat1: „Riesenkompliment an alle. Wir haben genau das gezeigt, was wir gebraucht haben. Das war die Hertha, wie wir sie kennen.“
Dem HSV blieb die Erstliga-Rückkehr hingegen auch im vierten Anlauf verwehrt. Der frühere Bundesliga-Dino war 2018 erstmals in seiner Geschichte abgestiegen, nach drei vierten Plätzen scheiterten die Hamburger nun in der Relegation. „Das tut weh. Wir haben uns das anders vorgestellt“, sagte HSV-Kapitän Sebastian Schonlau bei Sky.
Ausschlaggebend für die Wende war eine ganz starke und disziplinierte Vorstellung der Berliner. Angeführt von Boateng überraschte der Bundesliga-16. den HSV mit einem mutigen und selbstbewussten Auftritt – und wurde belohnt. Während die Hamburger neben ihrer unbändigen Leidenschaft am Montagabend wenig zu bieten hatten, kontrollierte die Hertha weite Strecken der Partie und erspielte sich die besseren Chancen. „Ich habe keine Lust abzusteigen“, betonte Magath unmittelbar vor der Partie gegen seine alte Liebe bei Sat1 und sprach von einer „Situation wie im Europapokal. Wir sind 0:1 hinten, der HSV ist in der Bundesliga – also ist der Druck beim HSV.“ Er sei „zuversichtlich, dass wir es in den kommenden 90 Minuten umbiegen können“.
Dafür setzte Magath auf frisches Personal. Bei der Hertha durften Santiago Ascacibar (nach Gelbsperre) und die Routiniers Stefan Jovetic (32) und Boateng (35) ran. „Der Prince ist ein Finalspieler. Der weiß, wie das geht“, so Magath. Und tatsächlich hatte „der Prince“ großen Anteil daran, dass die Berliner der Partie, ganz anders als noch im Hinspiel, ihren Stempel aufdrückten. Boateng präsentierte sich hinter den beiden Spitzen enorm ballsicher und zweikampfstark.
Und der HSV? Der zeigte sich von der Berliner Griffigkeit ganz offensichtlich beeindruckt. Mit zunehmender Spieldauer kämpften sich die Rothosen zwar mehr und mehr in die Partie, doch Hertha-Schlussmann Oliver Christensen musste im ersten Abschnitt überhaupt nicht eingreifen. Während der erfahrene Magath die gesamte erste Halbzeit in seinem feinen Zwirn mit hinterm Rücken verschränkten Armen und stoischer Ruhe verfolgte, sprang HSV-Coach Walter in seinem Trainingsanzug in der Coaching Zone auf und ab und animierte auch das Publikum immer wieder mit rudernden Armen.
Im zweiten Abschnitt nahm die Partie deutlich an Fahrt auf. Beide Teams suchten nun den Vorwärtsgang und kamen zu gefährlichen Abschlüssen. Für Hertha verpasste Tousart (47.). Auf der Gegenseite musste Christensen gegen Moritz Heyer (49.) klären. Dann traf Plattenhardt mit viel Schnitt fast von der Außenlinie, HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes sah nicht gut aus.