Die Landesregierung und die Kommunen im Nordosten nehmen ihre Vorbildfunktion beim klimagerechten Bauen aus Sicht der Architektenkammer nicht wahr. Wohnungsbau, Schulbau und öffentliche Bauwerke seien Felder, in denen Land und Kommunen klimaneutrales Bauen vorleben könnten. „Mit jedem einzelnen Projekt kann jede öffentliche Verwaltung diesen Anspruch erheben“, sagte Christoph Meyn, Präsident der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern.
Der Kammerpräsident versteht unter klimagerechtem Bauen nicht allein das Errichten von Gebäuden, die wenig Energie verbrauchen, sondern eine Gesamtrechnung, die den CO2-Ausstoß bei der Erzeugung von Baustoffen miteinbezieht. „Die Zement-Industrie trägt 9 Prozent zu den weltweiten CO2-Emissionen bei“, so Meyn. Holz hingegen habe beim Wachsen des Baumes CO2 gebunden. Aus Sicht des Architekten könne es nicht das Ziel sein, Gebäude zu bauen, die zwar ressourcensparend genutzt werden können, jedoch beim Bau mehr CO2-Emissionen verursacht haben als sie je einsparen können.
Im Grundsatz stimmt Landesbauminister Christian Pegel (SPD) hier zu. Die Landesregierung werde beim Neubau und der Sanierung eigener Gebäude stärker auf klimafreundliche Bauweisen achten müssen, wenn sie ihr selbst gestecktes Ziel der Klimaneutralität der Landesverwaltung bis 2030 erreichen will, hatte er am Donnerstag nach Beratungen der Landtags-SPD gesagt. Beim übergeordneten Thema der Klimapolitik am Bau verwies sein Ministerium kürzlich auf die Novelle des Gebäudeenergiegesetztes auf Bundesebene.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), die bei der Klausur der Landes-SPD als Gast mit am Tisch saß, sagte hierzu auf Nachfrage: Aus ihrer Sicht brauche es auf Bundesebene eine Förderphilosophie, die nicht nur den Energiebedarf der fertigen Gebäude betrachtet, sondern auch den Bau und die Eigenversorgung beispielsweise über Solaranlagen miteinbezieht. Geywitz fände es zudem wünschenswert, wenn Wohnquartiere gemeinsam betrachtet würden. Besonders wenn es um die Eigenversorgung mit Strom geht, könne dies eine Chance für Ostdeutschland sein, da die Bürgerinnen und Bürger einen direkten Vorteil aus dem Ausbau der Erneuerbaren Energien ziehen.
Die Bundesministerin und der Präsident der Landesarchitektenkammer sind demnach grundsätzlich auf einer Line. Meyn wünscht sich, dass die Landesregierung eigene Ziele und Vorgaben formuliert, für den Fall, dass die Bundesvorgaben einmal nicht greifen oder Förderung versiegt. „Dieses Ressourcen sparende Bauen und das wenig Energie verbrauchende Bauen findet eigentlich in den Zielen der Landesregierung fast überhaupt nicht statt“, beschreibt der Architekt den aktuellen Stand.