Unter den prüfenden Augen der vier Juroren läuft Bono eine letzte Runde durch den Ring, bevor Besitzerin Anja Urbaniak den Rassehund vom Boden auf einen kleinen Klapptisch hebt.
Einige Zuschauer hinter der Absperrung klatschen. Für die Internationale Rassehunde-Ausstellung ist die 48-Jährige an diesem Wochenende extra 450 Kilometer von Zielona Góra nach Rostock gereist – es ist ihr erster internationaler Wettkampf jenseits der polnischen Grenze, wie sie sagt.
In Rostock tritt sie um den Pokaltitel „Best in Show“ an. An beiden Tagen haben sich auf der Messe Hunde aus 271 Rassen – die meisten der Tiere waren Labrador Retriever, Golden Retriever und Dalmatiner – in 20 sogenannten Wettkampfringen miteinander gemessen.
Für die Jury zieht Urbaniak vorsichtig die Lefzen ihres Hundes auseinander. „Das Alter?“, fragt einer der Juroren während er die Zähne des Cavalier King Charles Spaniels begutachtet. „Vier Jahre“, sagt Urbaniak. Der Juror hebt den Hundeschwanz an, streicht durch Bonos seidenglatte Fell und nickt. Als schließlich die beiden anderen Rassehunde in dieser Runde durch den Ring gelaufen sind, raunt einer der Juroren: „Die Eins ist wirklich eine Eins.“ Bono hingegen ist als zweites eingelaufen. In Polen ist Bono im vergangenen Jahr das erste Mal Champion geworden, so Urbaniak.
Dabei ist ihre Stimme kaum zu verstehen, weil die Filmmusik von „Fluch der Karibik“ aus Lautsprechern durch die 13.000 Quadratmeter große Messehalle schallt. Angemeldet sind dort 2071 Vierbeiner – das seien noch einmal 300 mehr als im Vorjahr, sagt Projektleiterin Kathrin Schiemann. Im vergangenen Jahr haben 16.000 Besucher trotz Pandemie die Rassehunde-Messe besucht. Am Sonntagnachmittag ging sie davon aus, dass in diesem Jahr mindestens ebenso viele da waren.
Eingelassen wurden nach der 3G-Regel genesene, geimpfte und getestete Besucher. Und auch die Tiere brauchten einen Impfnachweis: „Neben den Corona-Auflagen für Menschen achten wir darauf, dass alle Hunde gegen Tollwut geimpft sind, damit keine Superspreader-Events entstehen.“ In der Halle verkaufen zudem 60 Aussteller aus ganz Europa ihre Produkte: Vom Hundehalsband über Hundekleidung bis hin zu beruhigenden Tropfen und Ultraschallzahnbürsten für die Vierbeiner.
Ein Highlight in diesem Jahr: das Filmcasting für Hunde. Die ausrichtende Dortmunder Film-Hund-Agentur trainiert auch Vierbeiner für TV-Sendungen wie „Die beste Show der Welt“, „Tatort“ und „Der Lehrer“. Tino Wodrich von der Insel Poel hat sich mit Hündin Nala gut darauf vorbereitet. Unter Applaus läuft Nala durch Wodrichs Beine und springt dann auf den Rücken des 31-Jährigen. „Diese Augen – man, man, man“, lobt Moderatorin und Tiertrainerin Marion Albers. Der Insulaner habe die Tricks im Internet recherchiert, sagt er.
Die Tierschutzorganisation Peta hatte die Veranstaltung bereits im Vorfeld in einer Pressemitteilung stark kritisiert. Messen wie die „Internationale Rassehunde-Ausstellung“ verleiteten Menschen dazu, gezüchtete Tiere zu kaufen. Dabei würden tausende Tiere in deutschen Tierheimen auf ein neues Zuhause warten, so die Organisation. Sensible Lebewesen wie Hunde sollten nicht zu Ausstellungsobjekten degradiert werden.
„Wir sind die totalen Gegner von Überzüchtung“, sagt Projektleiterin Schiemann dazu. Die Veranstaltung solle eher dazu beitragen, einen Züchter zu finden, der Gesetze und Regeln einhalte. „Die Hunde, die hier sind, sind den Trubel von kleinauf gewohnt. Für die ist das normal.“ Zudem hätten Besitzer eine enge Beziehung zu ihren Vierbeinern. „Alles dreht sich für sie um ihre Hunde.“