Wie kommen wir durch den nächsten Corona-Herbst? Darüber beraten Bund und Länder am Dienstag. Doch der Wahlkampf erschwert sinnvolle Lösungen zusätzlich.
Die Sommerruhe in Deutschland ist vorbei. In den vergangenen Monaten machten die Menschen auch Urlaub von den Corona-Maßnahmen, genossen viele Freiheiten – und die Pandemie geriet fast in Vergessenheit. Doch am Horizont zeichnet sich bereits die nächste Corona-Welle ab: Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt schneller und früher als von Experten erwartet. Das ist vor allem deshalb eine schlechte Nachricht, weil die Impfkampagne immer mehr an Tempo verliert.
Unter diesem nicht allzu rosigen Gesamteindruck kehrt am Dienstagmittag das entscheidende Gremium in der Pandemie zurück: Kanzlerin Angela Merkel trifft per Video die 16 Regierungschefs der Länder. Und es könnte ein Déjà-vu geben: Denn die vorgezogene Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) könnte erneut eine Hängepartie werden. Streitpunkte gibt es viele: Sollen Geimpfte anders als Ungeimpfte behandelt werden? Wie schaffen wir es, mehr Menschen fürs Impfen zu gewinnen? Und wie aussagekräftig ist eigentlich die Inzidenz noch?
Die Bund-Länder-Runde ist von besonderer Bedeutung, weil darüber entschieden wird, wie Deutschland durch den Corona-Herbst kommt. Experten fürchten, dass die nächsten Monate nicht nur für Menschen gefährlich werden, die sich freiwillig nicht impfen lassen wollen. Sondern auch für diejenigen, die das nicht können – aus gesundheitlichen Gründen oder schlicht, weil sie zu jung sind. Was die ohnehin schon komplizierten Diskussionen zusätzlich erschwert: Die Konfliktlinien verlaufen auch innerhalb der Parteien, und auch die Ministerpräsidenten gehen teilweise mit gegensätzlichen Positionen in die Verhandlungen.
Vor allem steht die Politik einmal mehr vor dem Problem, unterschiedliche Corona-Lagen und Vorlieben der Länderchefs unter einen Hut zu bekommen. Dass nun die heiße Phase des Wahlkampfs beginnt und einige Kandidaten dringend punkten müssen, macht das Ganze noch einmal komplizierter. So kündigte sich etwa schon vor Wochen ein Konflikt zwischen Kanzlerin Merkel (CDU) und ihrem Möchtegern-Nachfolger Armin Laschet (auch CDU) an.
Auch im Angesicht des bevorstehenden Schulstarts droht Streit. Viele Schulen sind immer noch nicht mit Luftfiltern ausgerüstet. So als wäre es überraschend, dass die Sommerferien auch 2021 irgendwann enden. Entsprechend wird es um die Frage gehen, inwiefern sich dauerhafter Präsenzunterricht verantworten lässt. Die Länder möchten mit Tests und Masken Schulschließungen um jeden Preis verhindern. Doch ob das ausreicht, ist unklar. Dieses Problem erhöht zusätzlich den Druck auf die MPK, das Impftempo zu erhöhen. Gerade auch bei den Über-12-Jährigen.
Bund und Länder stehen vor dem Problem, in einer Zeit, in der die Inzidenzen noch vergleichsweise niedrig sind, das Problembewusstsein der Bevölkerung wieder zu schärfen. Mitten im Wahlkampf ist das eine politische Mammutaufgabe.
Da ist es wahrscheinlich ganz angenehm, dass es noch ein anderes Thema für die Konferenz gibt: Die Folgen der verheerenden Flut im August. Und über großzügige Finanzhilfen bestand bereits am Montag weitgehend Einigkeit.