Nach siebenmonatiger Zwangspause kommt der Tourismus im Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern erst langsam in Schwung.
Von der überraschend vorgezogenen Öffnungsmöglichkeit – zunächst nur für Gäste aus dem eigenen Bundesland – machten am Freitag zunächst noch wenige Hotelbetreiber Gebrauch. Lars Schwarz, Vorsitzender des Landes-Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), schätzte den Anteil der Beherbergungsbetriebe, die zum bevorstehenden Wochenende wieder Gäste aufnehmen, auf maximal ein Drittel.
„Vor allem kleinere Häuser, Pensionen und Vermieter von Ferienwohnungen nutzen die Chance. Die größeren Häuser brauchen längeren Vorlauf. Viele hatten sich schon auf den Saisonstart zur zweiten oder dritten Juni-Woche eingestellt“, erklärte Schwarz. Vom 4. Juni an dürfen auch wieder Urlauber aus anderen Bundesländern aufgenommen werden, die über das Jahr gesehen nach Verbandsangaben etwa 85 Prozent der Gäste ausmachen.
So blieben die größeren Hotels in Urlauberzentren wie Binz auf Rügen, Warnemünde, den Kaiserbädern auf Usedom oder in Boltenhagen zunächst noch geschlossen, wie eine Umfrage ergab. In der Radler-Pension im Boltenhagener Ortsteil Redewisch fanden hingegen Spontanurlauber sofort eine Unterkunft. „Wir haben sehr auf den Neustart gewartet und waren vorbereitet“, sagte Pensionsbetreiber Peter Bolte. Sechs Gäste, davon zwei aus Rostock, seien die ersten Besucher in diesem Jahr. Die große Zahl von Anfragen stimme ihn optimistisch für einen guten Sommer.
Wichtig sei, dass es wieder losgehe, sagte auch der Geschäftsführer des Landestourismusverbandes, Tobias Woitendorf. „Wir richten nach sehr frustrierenden Monaten den Blick nach vorn, zeigen, dass wir wieder da und gute Gastgeber sind. Die bevorstehende Sommersaison ist überlebenswichtig“, betonte Woitendorf. Mit dem rigiden Ausschluss auch von Tagesausflügen zur Ostsee habe Mecklenburg-Vorpommerns Image als gastfreundliches Urlaubsland bundesweit einige Kratzer abbekommen. „Das werden wir aber schnell wieder wettmachen mit unserer Willkommenskultur“, zeigte er sich zuversichtlich.
Laut Woitendorf sind trotz der lange Zeit unklaren Aussichten für den Neustart aktuell bereits zwei Drittel der Unterkünfte im Nordosten für den Sommer gebucht. Etwa 450 00 Betten und Stellplätze böten private und gewerbliche Anbieter im Land. Er rechnet damit, dass mit den nun bestehenden Aussichten rasch weitere Anfragen eingehen. In den Ferienwochen von Mitte Juni bis Mitte September werde in der Tourismusbranche des Landes etwa die Hälfte des Jahresumsatzes gemacht. Im Vorjahr hatte eine außerordentlich gute Haupt- und Nachsaison die Verluste aus dem Frühjahr zum Teil kompensieren können. Allerdings waren die coronabedingten Zwangsschließungen damals deutlich kürzer.
Doch kann die Hotelbranche dem harten Lockdown im Frühjahr inzwischen auch etwa gutes abgewinnen. „So bitter es war, er hat uns die Sommersaison gerettet. Da bin ich Pragmatiker“, sagte Dehoga-Chef Schwarz. Nun gehe es darum, den Nachteil, den Mecklenburg-Vorpommern gegenüber früher gestarteten Ländern wie Schleswig-Holstein habe, schnell wettzumachen. „Wir müssen bundesweit deutlich machen, dass wir wieder da sind“, sagte Schwarz.
Seit Freitag dürfen in Mecklenburg-Vorpommern Hotels, Pensionen, Ferienhaus- und Zeltplatzbetreiber wieder Gäste aufnehmen. Grund für den vorgezogenen Neustart waren die deutlich zurückgegangenen Corona-Infektionszahlen. Mit knapp 20 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner wies der Nordosten zuletzt mit die geringste Sieben-Tage-Inzidenz aller Bundesländer auf. Ursprünglich sollte die Saison für Einheimische am 7. Juni und für Auswärtige am 14. Juni beginnen. Wer in Mecklenburg-Vorpommern Urlaub machen will, muss bei der Anreise einen negativen Corona-Test vorlegen, der dann regelmäßig aktualisiert werden muss.