Montag, 25.November 2024 | 05:53

1300 Polizisten im Einsatz: Tausende Traktoren blockieren schon am Morgen Berlin

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Vor der geplanten Protestdemonstration sind am Morgen bereits Tausende Bauern mit Traktoren auf dem Weg in die Berliner Innenstadt.

Auf rund einem halben Dutzend Routen fahren die Bauern unter einem lauten Hupkonzert von mehreren Seiten ins Zentrum der Hauptstadt und kommen auf der Straße des 17. Juni zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor zusammen. Es ist der Höhepunkt einer Aktionswoche gegen den Regierungsplan. Neben den Traktoren kommen auch Busse und LKW zur Kundgebung. Auch Spediteure und Handwerker unterstützen den Protest.

Die Demonstration der Bauern in Berlin wird von 1300 Polizisten begleitet. Vor allem zur Begleitung der Fahrten der Traktoren und Lastwagen in das Regierungsviertel sei die Polizei nötig, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Dem Schutz des Regierungsviertels käme dabei eine „ganz besondere Bedeutung“ zu. Am Morgen seien bereits geschätzte 3000 Fahrzeuge von Teilnehmern auf den Berliner Straßen unterwegs, darunter viele Traktoren und LKW, sagte Slowik. Insgesamt werden rund 5000 Traktoren und Landmaschinen aus dem gesamten Bundesgebiet zu der Kundgebung erwartet.

Bereits am Sonntagabend hatte die Polizei keine Traktoren mehr auf die Kundgebungsfläche in der Innenstadt gelassen. „Es geht nichts mehr“, sagte ein Polizeisprecher. Die Fläche sei dicht, wer jetzt noch komme, werde zur Ausweichfläche mit genug Parkplätzen auf den Olympischen Platz geleitet. Überall in der Stadt muss mit starken Verkehrsbehinderungen gerechnet werden.

Gegen Mittag soll die Großdemonstration gegen das geplante Aus von Diesel-Vergünstigungen für die Landwirtschaft offiziell starten. Neben Vertretern der Verbände will auf der Kundgebung auch Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP sprechen. Zu dem Protest hatten Bauernverbände und der Speditionsverband BGL aufgerufen. Am Nachmittag wollen sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann und FDP-Fraktionschef Christian Dürr mit den Spitzen der Bauernverbände zu einem Dialog im Bundestag treffen.

In der SPD zeichnet sich indes die Bereitschaft zu einer weiteren Annäherung an die Landwirte ab. „Es muss einfach mehr Einkommen auf den Höfen ankommen und es muss eine klare Zukunftsperspektive für die nächste Generation geben“, sagte Fraktionsvize Dirk Wiese dem „Spiegel“. „Die von der Regierung teilweise zurückgenommenen Subventionskürzungen begrüßte er als „Korrekturen“, die ein wichtiger Schritt auf die Bauern zu seien. „Das reicht vielen noch nicht, aber es ist auch nicht nichts“, so Wiese. „Agrardiesel und KFZ-Steuer sind schließlich nur die Dinge, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben.“

Lindner sagte am Sonntag, er werde bei der Kundgebung „nicht versprechen können, dass alle Bereiche der Gesellschaft Konsolidierungsbeiträge leisten müssen – nur einer nicht“. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Haßelmann sagte, die Forst- und Landwirtschaft bleibe von der KFZ-Steuer befreit und die Beihilfe beim Agrardiesel werde schrittweise reduziert, sodass sich alle darauf einstellen könnten. „Das ist eine Lösung, die den Landwirtinnen und Landwirten hilft und gleichzeitig die Gesamtverantwortung für den Haushalt im Blick behält. Bäuerinnen und Bauern haben mit ihren Protesten deutlich gemacht, dass es auch um Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven geht.“

Führende CDU-Politiker kritisierten Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Proteste der Landwirte würden von radikalen Kräften gezielt geschürt. „Ich rate der Bundesregierung, keine Ablenkungsmanöver zu führen, sondern den Unmut, der hier hochkocht, ernst zu nehmen und ihre erratische Politik zu überdenken“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann der „Bild“-Zeitung. Die Veranstalter müssten sich von Verfassungsfeinden und Gewaltaufrufen klar distanzieren. „Die Bauern tun das.“ Scholz hatte erklärt, Wut werde „gezielt geschürt“. Extremisten würden jeden politischen Kompromiss „verächtlich machen“.

Foodwatch: Landwirtschaft ist „so nicht zukunftsfähig“
Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte angesichts der Proteste eine grundlegende Reform des Agrarsystems. „Die Landwirtschaft in Deutschland steckt seit Jahrzehnten in der Krise und ist so nicht zukunftsfähig“, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann. „Die Probleme im Agrarsektor lassen sich nicht mit vergünstigtem Diesel lösen.“ Die Wut der Bauern sei zwar verständlich. „Allerdings befeuern sowohl die Ampel mit ihren willkürlichen Kürzungen als auch der Bauernverband mit seiner aufwiegelnden Rhetorik einen absoluten Nebenschauplatz“, kritisierte Methmann.

„Billig-Agrarexporte für den Weltmarkt und eine nachhaltige Landwirtschaft mit fairen Preisen für die Landwirtinnen und Landwirte gehen nicht zusammen“, sagte der Foodwatch-Chef. Statt für den Erhalt einer veralteten Subvention zu protestieren, sollte sich die Branche für einen Wandel zu einem System einsetzen, das Höfe belohnt, die umweltverträglich wirtschaften und Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen.

Die Bundesregierung muss wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Bundeshaushalt stopfen und will Steuerbegünstigungen für Agrardiesel schrittweise abschaffen. Auf eine ursprünglich geplante Abschaffung der KFZ-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft will die Regierung verzichten. Der Deutsche Bauernverband fordert aber, die Kürzungen komplett zurückzunehmen.

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